Inhalt: Antidepressiva müssen nicht immer unbedingt in Tablettenform eingenommen werden. Das zeigt die herrliche Tragikomödie „Garden State”. Das autobiographisch angehauchte Werk von Zach Braff (Regie, Drehbuch und Hauptrolle) aus dem Jahr 2004 erzählt von einigen Tagen im Leben des erfolglosen, medikamentenabhängigen Schauspielers Andrew Largemann (Braff). Er lebt in einer steril weißen Wohnung in Los Angeles, jobbt als Kellner bei einem Asiaten und hat seit einer Rolle als geistig zurückgebliebener Quarterback keine nennenswerte Schauspielleistung mehr erbracht. Die viel zu zahlreichen und viel zu starken Medikamente, die Andrew aufgrund seines Psychiatervaters (Sir Ian Holm, „Herr der Ringe“) einnimmt, haben ihn zu einem emotionslosen und zurückgezogenen Menschen gemacht.
Eines Tages erhält er einen Anruf seines Vaters, der ihm vom Tod seiner querschnittsgelähmten Mutter erzählt. Zum ersten Mal nach neun Jahren fährt Andrew somit in seine Heimat, den „Garden State“ New Jersey. Er beschließt, den Leuten seines Heimatdorfs nüchtern gegenübertreten zu wollen und auf seine Medikamente während des Trips zu verzichten. Nach der Beerdigung seiner Mutter trifft Andrew einige alte Freunde wie beispielsweise den Totengräber und Überlebenskünstler Mark (Peter Saarsgard, „Jarhead“) wieder, mit denen er prompt eine drogenreiche Party feiert. Bei einer Routineuntersuchung im Krankenhaus lernt er die quirlige Sam (Natalie Portman, „Black Swan“) kennen. Diese ist zwar eine krankhafte Lügnerin, gibt dem Eigenbrötler aber Halt und neuen Lebensmut.
Kritik: Was Zach Braff hier als Autor gelungen ist, ist als absolut außergewöhnlich zu bezeichnen. Er legt sich bei dem Film weder auf ein „Coming of Age“-Drama für Mittzwanziger noch auf eine Komödie fest, sondern beschreitet einen wunderbaren Mittelweg. Seine Charaktere sind allesamt wunderbar schrullig, die Story enthält sich jedem Klischee und bringt dermaßen skurrile Geschehnisse mit sich, wie man sie in kaum einem anderen Film wiederfindet: Ein Hemd der Tante aus dem Stoff der Wohnzimmertapete, ein Haustiermassengrab und eine ganze Szene mit Hauptfigur Andrew auf einem Ecstasytrip.
Leitfaden der Geschichte ist die Liebesgeschichte von Andrew und Sam, die ebenfalls charmant, abwechslungsreich und niemals rührselig ist. Die Szenen zwischen Natalie Portman und Zach Braff gehören zu den Höhepunkten des Films, da eine unfassbare Chemie zwischen den beiden sonderbaren Figuren entsteht. Bizarre Gastauftritte von Method Man als spannendem Hotelpagen und Jim Parsons (Sheldon aus „The Big Bang Theory“) als Marks Stiefvater und Festivalritter runden dieses Spektakel ab.
Die Schauspieler agieren allesamt in Hochform. Neben dem genialen Drehbuch und der starken Regie beweist Zach Braff mit seinem pointierten Spiel, dass in ihm sehr viel mehr steckt, als die „Scrubs“-Ulknudel J.D. vermuten ließ. Die mittlerweile verdientermaßen oscargekrönte Natalie Portman beweist in dem Jahr, in dem sie für ihre Rolle als verruchte, freizügige Alice in Mike Nichols „Hautnah“ den Golden Globe gewann, wie extrem wandelbar sie ist und sorgt dafür, dass sich wahrscheinlich ein Großteil der Zuschauer in das „Girl next door“ Sam verliebt hat. Peter Saarsgard überzeugt als zwielichtiger Mark mit einem sehr vielschichtigen Auftritt, der seinem Charakter gewaltige Tiefe verleiht. Sir Ian Holm ist in seinen wenigen Szenen gewohnt stark, auch weil er sich mit seinem Spiel nicht in den Vordergrund drängt. Alle Nebencharaktere sind ebenfalls Idealbesetzungen, sodass ich wirklich keinen Kritikpunkt an einem Auftritt finden kann.
Ein weiterer Aspekt, der diesen Film zu einem Ereignis werden lässt, ist der unvergessliche Soundtrack. Die Musikauswahl, die ebenfalls von Zach Braff erstellt wurde und von Coldplay über The Shins bis zu Paul Simon geht, unterstreicht zu jederzeit angemessen die Stimmung des Films und brachte dem Nichtmusiker Braff auch noch einen Grammy für die beste Compilation ein. Alles in allem eine nahezu perfekte Tragikomödie, die genauso kreativ wie emotional und skurril ist, Momente zum Lachen und zum Weinen bietet, alle Figuren immer ernst nimmt und niemals uninteressant wird. Für diesen grandiosen Low Budget- Film (2,5 Millionen US-Dollar) vergebe ich selbstverständlich
5 von 5 Punkten
Ton: Der 5.1 Dolby Digital- Sound gibt die Dialoge und den Soundtrack absolut makellos wieder.
5 von 5 Punkten
Bild: Das Bild ist jederzeit klar und scharf und kann auch bei etwas anspruchsvolleren Szenen, wie dem oben genannten Ectasytrip die Stimmung des Films optimal einfangen.
5 von 5 Punkten
Extras: Ein Making-of, entfernte Szenen, Pannen vom Dreh, Trailer und Audiokommentare lassen keinen Wunsch offen.
5 von 5 Punkten
Gesamt: 5 von 5 Punkten
Der Film ist ab dem 05.11.2021 im Programm von Disney+ zu sehen.
Videoquelle: Miramax,Youtube