Inhalt: Der kleine Renato Vallanzasca wird bereits im Alter von neun Jahren das erste Mal verhaftet, nachdem er einen Tiger aus dem örtlichen Zirkus befreit hat. Im Laufe seiner Jugend werden aus kleinen Gaunereien immer größere Verbrechen. Als Erwachsener (Kim Rossi Stuart) hat er eine ganze Bande um sich geschart und hält mit waghalsigen und brutalen Überfällen und Entführungen die Polizei in ganz Italien in Atem. Da er bei seinen Verbrechen stets ein gewisses Understatement wahrt, ist er bald als Gentleman unter den Gangstern bekannt. Vallanzasca geht der Polizei zwar häufig ins Netz, doch er ist ein ebenso talentierter Aus- wie Einbrecher. Währenddessen entwickelt sich unter der Bevölkerung eine regelrechte Heldenverehrung für den wortgewandten Charmeur, dessen Weg schon sehr schnell die ersten Leichen pflastern.
Kritik: Michele Placido inszenierte das Portrait dieses italienischen Supergangsters aus den 70er Jahren, der von allen nur „der schöne René“ genannt wurde. Dabei folgt Placido dem Trend, den „Der Baader-Meinhof-Komplex“, „Carlos, der Schakal“ oder auch die Jacques Mesrine-Biographie „Public Enemy No.1“ gesetzt haben: den Kriminellen der 70er Jahre ein filmisches Denkmal zu setzen. Während die anderen Filme des Genres meist jenseits der 3-Stunden-Spieldauer liegen, läuft „Engel des Bösen“ 128 Minuten. Daher ist die ganze Geschichte sehr gerafft und straff erzählt, was der Qualität des Films aber nur in den sehr sprunghaften Anfangssequenzen schadet. Der Film ist über die gesamte Zeit mitreißend, unterhaltsam und optisch auf höchstem Niveau angesiedelt. Die Action-Szenen sind herausragend, die Dialoge spritzig. Da der Film komplett aus der Sicht von Vallanzasca erzählt wird, scheidet eine wirklich kritische Auseinandersetzung mit seinen Taten natürlich aus. Der Regisseur Michele Placido gab bei der Veröffentlichung des Films zu, den Schwerverbrecher ein wenig verherrlicht zu haben.
Brillianter Hauptdarsteller, merkwürdiger Bleibtreu
Dass Renato Vallanzasca eine sehr positive Ausstrahlung auf den Zuschauer hat, liegt an der überragenden Leistung von Darsteller Kim Rossi Stuart. Mit unglaublichem Charisma, aufbrausendem Temperament und umwerfender Selbstgerechtigkeit umgibt Stuart eine diabolische Präsenz. Er ist die herausragende Persönlichkeit des Films und sollte mit dem hier bewiesenen Talent für eine große Karriere bereit sein. Auch Filippo Timi (Fabio in „The American“) spielt als Vallanzascas bester Freund Enzo einen ausgezeichneten Part. Seine Figur ähnelt von der Selbstgerechtigkeit Vallanzasca. Aber aufgrund Enzos Drogensucht ist er wesentlich unkontrollierter und daher fast noch gefährlicher. Er spielt den chaotischen Widerling erschreckend überzeugend. Etwas eigenwillig ist der nachsynchronisierte Auftritt von Moritz Bleibtreu als Bandenmitglied Sergio. Mit kuriosem Schnauzer und fremder Stimme kann Bleibtreu nicht die gewohnte charismatische Wirkung entfalten. So bleibt es bei einem eher unauffälligen Auftritt des deutschen Charaktermimen.
Die aus der amerikanischen Integrationskomödie „Spanglish“ weltweit bekannte Paz Vega kann als charmante, mütterliche und clevere Kindheitsfreundin Antonella von Renato wiederum einen guten Eindruck hinterlassen. Abgerundet wird die insgesamt starke Besetzung von Francesco Scianna als Vallanzascas Konkurrent und Erzfeind Turatello und Valeria Solarino als Consuelo, der Mutter von Vallanzascas Kind.
Auch wenn „Engel des Bösen“ relativ unkritisch ist und das Gangstergenre nicht neu erfindet, ist der Film definitiv sehenswert. Die Figur Renato Vallanzascas ist ein spannender Teil italienischer Geschichte und wird von Kim Rossi Stuart genial verkörpert. Ein gelungener italienischer Film, der wohl auch das Potenzial gehabt hätte, über mehr als 128 Minuten zu unterhalten.
4 von 5 Punkten
Bild: Der Transfer auf Blu-Ray ist gut gelungen. Bis auf einige etwas weniger scharfe, dunkle Szenen liegt ein sehenswertes Bild mit vollen, klaren Farben und guten Übergängen vor.
4 von 5 Punkten
Ton: Obwohl der deutsche Ton im Gegensatz zum italienischen (DTS HD MA 5.1) nur in DTS Digital 5.1 vorhanden ist, befindet sich auch der deutsche Ton auf sehr gutem Blu-Ray-Niveau. Hervorragende Dialogverständlichkeit und gute, manchmal etwas frontlastige Actioneffekte sorgen für ein gelungenes Filmerlebnis.
4,5 von 5 Punkten
Extras: Als Bonusmaterial sind entfernte Szenen, ein Making of, ein Audiokommentar von Michele Placido und der Kinotrailer vorhanden. Die vom Umfang her durchschnittlichen Extras sind allesamt unterhaltsam gestaltet und bieten einen gewissen Mehrwert. Allerdings wären mehr Hintergründe über den echten Renato Vallanzasca wünschenswert gewesen.
3,5 von 5 Punkten
Gesamt: 4 von 5 Punkten
Bildquelle: VIPMagazin, YouTube
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