Inhalt: Die sehr zurückhaltende India Stoker (Mia Wasikowska, „Alice im Wunderland“) verliert ausgerechnet am 18.Geburtstag ihren Vater (Dermot Mulroney, „The Grey – Unter Wölfen“). Indias Vater war ihre einzige wirkliche Bezugsperson. Auf der Beerdigung trifft sie ihren Onkel Charlie (Matthew Goode, „Match Point“), von dessen Existenz sie bislang nichts gewusst hatte. Charlie zieht auf dem großen Grundstück der Familie ein, um Mia und ihre labile Mutter Evie (Nicole Kidman, „The Hours“) zu unterstützen. Obwohl die junge Frau schnell merkt, dass etwas mit dem charmanten und wortgewandten Charlie nicht stimmt, ist Mia fasziniert von dem Neuankömmling und nähert sich ihm immer mehr an. Ihr Misstrauen wird erst stärker, als zahlreiche Personen aus der Gegend verschwinden. Bald stößt sie auf ein schreckliches Geheimnis.
Kritik: „Stoker“ ist das Hollywood-Debüt vom koreanischen Meister-Regisseur Park Chan-wook („Lady Vengeance“). Das Drehbuch zu dieser ungewöhnlichen, fesselnden Familiengeschichte stammt von jemandem, den die meisten Serienfans als alten Bekannten empfinden dürften: „Prison Break“-Hauptdarsteller Wentworth Miller, der das Skript unter dem Namen seines Hundes verkaufte, um Vorurteilen gegen seine Person vorzubeugen. Wahrscheinlich war das eine gute Idee des Mainstream-Schauspielers, da dieser Film absolut nichts mit seinen bisherigen Werken gemeinsam hat. Eigentlich wollte er auch noch die Rolle des Charlie übernehmen, jedoch trauten ihm die Macher diesen Part nicht zu. Die überraschend doppelbödige Geschichte beweist zumindest, dass ein durchaus talentierter Autor in ihm steckt, was auch die vorhandenen unlogischen und konstruierten Momente nicht zerstören.
Bilderflut auf koreanisch
Wer die Werke von Park Chan-wook kennt, weiß, was er für virtuose Bilder liefern kann. Diese zeigt er auch bei seinem amerikanischen Erstling: Unheimlich tolle Farbkompositionen, stilistisches Gespür und Detailverliebtheit machen „Stoker“ zu einem visuellen Erlebnis. Eine kleine, eigentlich unscheinbare Szene, in der eine Spinne an Indias Bein hochkrabbelt, wird hier zum einem Kunstwerk. Es gibt kein Bild, das der Regisseur ohne spürbare Gedanken auf die Leinwand bannt.
Auch die Schauspieler beeindrucken mit hervorragenden Leistungen. Mia Wasikowska gehört unumstritten zu den talentiertesten jungen Darstellern Hollywoods. Wie viel Emotion und Ausstrahlung sie hier als introvertierte Hauptfigur mit wenigen Worten vermitteln kann, ist beeindruckend. Matthew Goode spielt als geheimnisvoll-bedrohlicher Charlie einen der anspruchsvollsten Charaktere seiner Laufbahn und meistert den mit Charisma und einem gewissen Augenzwinkern scheinbar ohne jede Mühe. Dabei wäre es beinahe nicht zu seiner Besetzung gekommen: Colin Firth hatte schon zugesagt, musste das Team aber aufgrund anderer Verpflichtungen wieder verlassen. Nicole Kidman hat in den vergangenen Jahren nicht immer das beste Gespür für gute Rollen. Hier kann sie als unstabile, egozentrische Evie endlich einmal wieder ihr volles Können ausspielen. Starke Schauspieler wie Dermot Mulroney, Jackie Weaver, („Silver Linings“) und Ralph Brown („Dark Tide“) fallen in ihren Nebenrollen in keinster Weise ab.
Selbst wenn „Stoker“ immer mal wieder inhaltliche Schwächen zeigt, ist es trotzdem der beste Psychothriller im Hitchcock-Stil, den die Zuschauer seit langer Zeit erleben durften. Optisch ist das Werk perfekt durchkomponiert, Spannung besteht von der ersten bis zur letzten Minute und die Schauspieler laufen durchweg zu Höchstleistungen auf. Der Sprung über den großen Teich ist für Park Chan-wook in jedem Fall geglückt.
4 von 5 Punkten
Quelle: 20th Century Fox, YouTube
Originaltitel: | Stoker |
Regie: | Chan-wook Park |
Darsteller: | Mia Wasikowska, Nicole Kidman, Matthew Goode |
Genre: | Psychothriller |
Produktionsland/-jahr: | USA, 2012 |
Verleih: | 20th Century Fox |
Länge: | 100 Minuten |
FSK: | ab 16 Jahren |
Kinostart: | 09.05.2013 |
Facebook-Page: | Der Facebook-Auftritt von "Stoker" |
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