Inhalt: Während des zweiten Weltkrieges hat Freddie Quell (Joaquin Phoenix) so viel Schreckliches gesehen, das er vom rechten Weg abgekommen ist und seinen Frust in schwerstem Alkoholismus ertränkt. Natürlich hat er es so schwer, einen richtigen Job und ein richtiges Zuhause zu finden. Eher zufällig verschlägt es ihn auf ein Boot, auf dem auch der Intellektuelle Lancaster Dodd (Philip Seymour Hoffman, „Moneyball – Die Kunst zu gewinnen“) samt Frau Peggy (Amy Adams, „Man of Steel“) und Anhang reist.
Auch Dodd hatte mit den Ereignissen des zweiten Weltkrieges zu kämpfen, weswegen er die Glaubensgemeinschaft „Der Ursprung“ gegründet hat. Diese verspricht, mit Hypnose Leid und Krankheiten zu lindern. Zahlreiche alleingelassene und enttäuschte Menschen sehen im „Ursprung“ eine neue Chance und feiern Dodd als ihren Anführer und Erlöser. Freddy sieht in ihm ein gelungenes Vorbild und lässt sich schon bald jeden Schritt vom Sektenvater diktieren. Es dauert einige Zeit, bis in Freddy die ersten Zweifel an den Lehren von „Der Ursprung“ aufkommen.
Kritik: Mit gerade einmal 27 Jahren machte Paul Thomas Anderson seinen Hauptdarsteller Mark Wahlberg mit „Boogie Nights“ zum Star und heimste seine erste Oscar-Nominierung für das Drehbuch ein. Sein großes Meisterwerk gelang ihm 2007 mit einem unvergesslichen (und Oscar-gekrönten) Daniel Day-Lewis im herrlich verschrobenen Öl-Drama „There Will Be Blood“, das Anderson in die obersten Riegen Hollywoods beförderte. Er ließ sich aber bis 2012 Zeit, um mit dem deutlich an den Werdegang von Scientology und Gründer Hubbard anknüpfenden „The Master“ zurückzukehren. Der schon immer etwas eigenwillige Stil des Regisseurs wird hier auf neue Höhen getrieben, da er sich dramaturgisch an keinerlei Vorgaben hält.
Genie, Wahnsinn und etwas Langeweile
So gibt es unvergesslich großartige Szenen, wie die erste Behandlung Dodds mit Freddie. Hier spielen sich zwei meisterliche Manipulatoren gegenseitig die Bälle zu, wobei der simpel gestrickte Freddie schließlich dem Charme von Dodd erliegt. Dann gibt es wieder Sequenzen, in denen minutenlang fast nichts passiert und die nicht weniger als gepflegte Langeweile darstellen können. Wer sich nebenbei große, neuartige Erkenntnisse zu Scientology und dem Urvater Hubbard erhofft, dürfte sich etwas vor den Kopf gestoßen fühlen, da die Geschichte hauptsächlich vom Einzelschicksal Freddies erzählt und die Gesamtsituation nur in Ansätzen beleuchtet. Das „The Master“ mit 137 Minuten deutlich zu lang ist und einige erzählerische Schwächen zeigt, ist äußerst schade, da es hier gleich drei brillante Schauspieler zu bewundern gibt.
Obwohl die Figur von Freddie eher eindimensional angelegt ist, macht ein nuschelnder, gequält dreinblickender Joaquin Phoenix einen sensationellen Job. Mit einer explosiven Wucht ausgestattet, nutzt er auch jede ansatzweise vorstellbare Nuance, die diese Figur für ihn bereit hielt. So schafft er es, aus einem labilen, cholerischen Fiesling einen funktionierenden Antihelden zu formen. Für seinen besten Auftritt seit der Johnny Cash-Biografie „Walk the Line“ (2005) konnte er eine erneute Nominierung für den Hauptdarsteller-Oscar einheimsen. Dieses Mal unterlag er gegen Daniel-Day Lewis, nachdem ihm Philip Seymour Hoffman 2006 (für „Capote“) die Auszeichnung vor der Nase weggeschnappt hatte.
Hoffman, der hier im Film ein wunderbar schräges Vater-Sohn-Verhältnis zu Freddie/Phoenix unterhält, zeigt hier wieder einmal alles, was ihn ausmacht und gibt Dodd schier unerschöpfliches Charisma, was in großen Reden, Argumentationen und auch Schreiattacken sehr gut angelegt ist. Hoffmann wurde für den famosen Auftritt als „Bester Nebendarsteller“ nominiert.
Die deutlich unauffälligste aber fast beste Leistung zeigt Amy Adams, die als Ehefrau Peggy der eigentliche Kopf der Organisation ist und ihrem Reden schwingenden Mann die Einfälle souffliert. Die eigentliche kleine Bühne nutzt Adams optimal aus und schafft es teilweise schon mit kleinen Blicken und Gesten, eine ganze Szenerie zu bestimmen. Die gemeinsamen Momente von Hoffmann und Adams sind durch die Bank weg überragend. Auch sie wurde mit einer Oscar-Nominierung gewürdigt. Laura Dern hat nur einen recht kurzen Auftritt als Glaubensschwester aus der Sekte.
„The Master“ hat teilweise herausragende Momente, die von den drei großartig aufspielenden Protagonisten veredelt werden. Auch aus künstlerischer Sicht kann der Film mit starken Bildern gefallen. Leider ist die Geschichte zu langatmig und sperrig inszeniert und zeitweise auch träge ausgefallen, sodass Paul Thomas Anderson sein durchaus mögliches nächstes Meisterwerk doch ziemlich klar verfehlt.
Der Film ist ab dem 26.07.2013 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
3,5 von 5 Punkten
Bild: Der auf 70 Millimetern gedrehte Film wurde nahezu perfekt umgesetzt und beweist wieder, was die Vorteile eines HD-Transfers sein können. Eine unglaubliche Detailzeichnung, nahezu überirdische Kontraste, ein satter Schwarzwert, knackige Schärfe und eine makellose, lebendige Farbgebung machen „The Master“ zu einem der optisch besten Blu-ray-Filme 2013.
5 von 5 Punkten
Ton: Die englische und die deutsche DTS HD MA 5.1-Tonspur punkten mit sehr guter Dialogverständlichkeit und einem schön abgemischten Score. Die meiste Zeit ist der Transfer eher frontlastig ausgefallen. Große Effekte sind bei Art von Film natürlich eher rar gesät.
3 von 5 Punkten
Extras: Die sehr interessante Dokumentation „Let There Be Light“ über traumatisierte Veteranen von John Huston aus dem Jahr 1946 (58 Minuten) ist das Highlight der Extras. Leider wurde der Beitrag nicht technisch restauriert. Ansonsten gibt es nur ein paar Trailer als Bonusmaterial zum Film.
2,5 von 5 Punkten
Gesamt: 3,5 von 5 Punkten
Quelle: Senator Film, YouTube
Originaltitel: | The Master |
Regie: | Paul Thomas Anderson |
Darsteller: | Joaquin Phoenix, Philip Seymour Hoffman, Amy Adams |
Genre: | Drama |
Produktionsland/-jahr: | USA, 2012 |
Verleih: | Senator Home Entertainment |
Länge: | 137 Minuten |
FSK: | ab 12 Jahren |
Offizielle Homepage zum Film: | Der Internetauftritt von "The Master" |
Mehr Informationen gibt es auf der Seite von Wild Bunch Germany
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