Bullets over Broadway
Inhalt: In den 20er-Jahren ist in New York alles voll von Partys, Jazz, der Mafia und jungen Autoren, die wilde Stücke schreiben wollen. Der mäßig talentierte Schreiber David Shayne (John Cusack, „Frozen Ground“) möchte gegen den Trend arbeiten und am Broadway ein mit Sozialkritik angestautes Drama aufführen. Einen Geldgeber findet er in dem Mafiosi Nick Valenti (Joe Viterelli), dessen Geliebte Olive (Jennifer Tilly, „Curse of Chucky“) im Gegenzug die Hauptrolle in Davids Stück bekommen soll. Da Olive noch weniger Talent hat als David, scheint ein Debakel unvermeidlich. Doch dann taucht plötzlich der Kleinganove Cheech (Chazz Palminteri) auf, der sich als Naturtalent im Schreiben und Inszenieren entpuppt. Natürlich ist das nur der Anfang weiterer Turbulenzen.
Kritik: Mit „Bullets over Broadway“ gelang Woody Allen im Jahr 1994 ein ungewöhnlicher, aber absolut sehenswerter Film, der vielleicht sogar sein bestes Werk in den 90er-Jahren ist. Er gibt einen Einblick in die faszinierend schillernde Welt zu Zeiten der Prohibition. Dabei gibt John Cusack ein vorzügliches Alter Ego von Woody Allen. Es macht unglaublich Spaß, den Jungfilmer Shayne dabei zu beobachten, wie er nach und nach an der gänzlich fachfremden, von Jennifer Tilly großartig verkörperten Olive verzweifelt. Allen findet die Balance zwischen Showbusiness-Film und Gangstergeschichte, vernachlässigt dabei aber nicht den typischen Woody Allen-Charme. Hier werden zwei scheinbar unvereinbare Themen zu einem homogenen Ganzen zusammengefügt.
Dabei ist der Film geistreich und witzig und gespickt mit kuriosen Charakteren. Neben Cusack und Tilly ist hier vor allem die einzigartige Dianne Wiest zu nennen, die für ihre Verkörperung der Broadway-Diva Helen Sinclair einen verdienten zweiten Oscar bekam, bei dem sie knapp gegen Jennifer Tilly gewinnen konnte. Chazz Palmenteri ist seit jeher eine sehr gute Besetzung für Mafia-Filme. So gut wie der scheinbar tumbe, überraschend talentierte Cheech war er noch nie. Auch für ihn gab es eine Oscar-Nominierung. So wird „Bullets over Broadway“ zu einem der unvergesslichen Klassiker Woody Allens, der ebenso originell wie unterhaltsam ist und von einem Highlight zu nächsten kommen. Hier dürften sogar die Nicht-Fans des Regisseurs wirklich Spaß haben.
4,5 von 5 Punkten
Geliebte Aphrodite
Inhalt: Der New Yorker Sportjournalist Lenny (Woody Allen) und seine Ehefrau, die Galeristin Amanda (Helena Bonham Carter, „The King’s Speech – Die Rede des Königs“), adoptieren einen Jungen. Wenige Jahre läuft in der Ehe der beiden fast nichts mehr und Amanda wird schon von dem schnöseligen Jerry (Peter Weller, „Star Trek Into Darkness“) umgarnt.
Lenny möchte wissen, wer die Mutter seines Sohnes ist und findet nach längerer Zeit der Suche die warmherzige, aber nicht allzu intelligente Prostituierte und Pornodarstellerin Linda (Mira Sorvino). Schon bald wünscht sich Lenny nichts mehr, als Linda aus der Prostitution und in ein anderes Leben und eine liebevolle Beziehung – mit wem auch immer – zu führen. Nachdem sie ihn zunächst für einen Gestörten hält, lässt sie sich dann sogar von Lenny mit dem Farmer Kevin (Michael Rapaport, „True Romance“) verkuppeln. Das findet Lindas Zuhälter (Dan Moran) aber gar nicht lustig, sodass Lenny bald ganz andere Probleme hat.
Kritik: Im Jahr 1995 inszenierte Woody Allen diese Tragi-Komödie, die zwar nicht Allens stärkster Film ist, aber vor allem als Zwei Personen-Stück gut funktioniert. Die Geschichte wird „moderiert“ von einem griechischen Tragödienchor, der vor allem in Person des Vorführers (F. Murray Abraham, „Inside Llewyn Davis“) auch immer wieder in die Geschichte eingreift. Die einen finden solche Kuriositäten nervig, die anderen großartig, dabei ist es vor allem eines: typisch Woody Allen. Die Beziehungsgeschichte von Lenny und seiner Ehefrau Amanda bleibt eher im Hintergrund, weswegen auch die ansonsten oft so starke Helena Bonham Carter hier etwas unterfordert bleibt.
Der Mittelpunkt der Geschichte ist ganz klar das Aufeinandertreffen von Lenny mit der von Grund auf anders gepolten Linda, die mit piepsiger Stimme ebenso schamlos wie liebenswert von ihren „Film“-Erfahrungen berichtet und herzzerreißend naiv über Zukunftspläne plaudert. Die damals noch recht unbekannte Mira Sorvino wurde so direkt in die erste Schauspiel-Liga befördert und räumte 1996 einen durchaus verdienten Nebendarsteller-Oscar ab. Von den Co-Stars kann allenfalls Michael Rapaport als simpel gestrickter Ex-Boxer wirklich auf sich aufmerksam machen. Was bleibt ist nette Unterhaltung, die ihren doch recht guten Ruf vor allem der exzellenten Mira Sorvino zu verdanken hat. Ansonsten reiht sich „Geliebte Aphrodite“ mit gewohnt pointierten Dialogen in die mittleren Plätze von Woody Allens Beziehungskomödien ein.
3,5 von 5 Punkten
Alle sagen: I love you
Inhalt: Der Schriftsteller Joe Berlin (Woody Allen) lebt zeitweise in New York und zeitweise in Paris. In Beziehungssachen ist er noch sprunghafter, als bei seinen Wohnorten, weswegen er nach seiner Scheidung von Steffi (Goldie Hawn) nie lange mit einer Frau zusammen gelebt hat. Steffi und ihr neuer Ehemann Bob (Allan Alda) müssen immer herhalten, wenn Joe über seine Probleme reden will. Eines Tages flüchtet er spontan mit Tochter DJ (Natasha Lyonne) nach Paris, wo er sich schon nach wenigen Stunden in die wesentlich jüngere Von (Julia Roberts, „Hautnah“) verliebt. DJ hat sichtlich Spaß, die Kupplerin zu spielen. Währenddessen hat sich Bobs älteste Tochter Skylar (Drew Barrymore) mit Holden (Edward Norton, „Moonrise Kingdom“) verlobt und ihre Schwestern Laura (Natalie Portman, „Garden State“) und Lane (Gaby Hoffmann) liegen im Streit, da sich beide in denselben Jungen verliebt haben. Egal in welchem Alter: Beziehungschaos ist vorprogrammiert.
Kritik: Im Jahr 1996 probierte Woody Allen hier einmal eine andere Variation seines Beziehungsreigens aus. Mit Musical-Elementen und Ausflügen weg von New York erforschte er recht erfolgreich fremdes Territorium. Herausgekommen ist eine schön altmodische Beziehungskomödie, die mal wieder mit einer beeindruckenden Ansammlung schauspielerischer Schwergewichte aufwarten kann. Über die Gesangseinlagen dürften sich eher die Geister scheiden. Wer sowieso kein Musical-Fan ist, dürfte sich hier auch nicht berufen fühlen, diese Einstellung zu ändern. Bis auf die gesangstechnisch vollkommen unbegabte Drew Barrymore haben alle Darsteller die Lieder nebenbei selbst gesungen. Auf seine Art erinnert „Alle sagen: I love you“ mit der Ansammlung der Gesangseinlagen an Filme der 30er-Jahre.
Natürlich finden sich auch hier sehr lustige Momente, wie den vollkommen missglückten Heiratsantrag von Holden. Schauspielerisch ist vor allem Goldie Hawn herausragend. Aber auch die gut aufgelegte Julia Roberts und der wunderbar gegen den Strich besetzte Edward Norton sind Volltreffer. Für Liebhaber dürfte „Alles sagen: I love you“ ein absoluter Volltreffer sein. In diesem Rahmen hat Woody Allen ein gelungenes Experiment hingelegt. Ansonsten hat dieser Film auch den ein oder anderen Allen-Fan etwas abgeschreckt. Egal wie, ist diese Produktion trotz gewisser Abstriche sehenswert.
3,5 von 5 Punkten
Celebrity – Schön, reich, berühmt
Inhalt: Als Reporter berichtet Lee Simon (Kenneth Branagh, „My Week with Marilyn“) über Berühmtheiten und heischt dabei mit mäßigem Erfolg nach Anerkennung. Auch ein Roman schafft da keine Abhilfe. Ihm ist klar: Es muss ein neues Leben her. Kurzerhand wird die Ehefrau Robin (Judy Davis) rausgeworfen, um noch mehr Zeit mit den Reichen und Schönen New Yorks zu verbringen. Von der aufreizenden Diva (Melanie Griffith), über das Super-Model (Charlize Theron, „Snow White and the Huntsman“) bis hin zum abgedrehten Jungstar (Leonardo DiCaprio, „Django Unchained“) lernt er die interessantesten Personen kennen. Robin tut sich sehr schwer, von Lee loszulassen, findet aber bald eine mehr als reizvolle Alternative.
Kritik: Als Woody Allen 1998 rief, antwortete eine ganze Reihe der größten Namen Hollywoods und unterschrieb einen Vertrag für diese kleine, aber durchaus bissige Mediensatire. Die Exzentrik des Filmes wird nicht nur dadurch ausgedrückt, dass Allen die bunte Glitzerwelt Hollywoods in grobem Schwarz-Weiß ausdrückt. Auch die Figuren, die von einem von Kenneth Branagh großartig verkörperten selbstgefälligen Sonderling angeführt werden, sind ebenso eigenwillig wie spaßig. Allen nimmt sich und die ganze Branche sehr gut aufs Korn und würzt es mit seinem ganz eigenen Witz. Lees Streben und Suchen nach Berühmtheiten mixt scharfe Ironie, schiere Verzweiflung und Woody Allen Charme.
Neben Branagh laufen auch die Co-Stars zu Hochform auf. Besonders Charlize Theron macht als etwas abgedrehtes Model einen tollen Job. Auch Melanie Griffith, Leonardo DiCaprio und Winona Ryder tragen ihren Teil zum gelingen des Films bei. „Celebrity – Schön, reich, berühmt“ ist eine kleine, aber sehr feine Satire, die trotz kleiner Schwächen zu den besten Werken Allens in dieser Schaffensperiode zählt.
4 von 5 Punkten
Schmalspurganoven
Inhalt: Ray Winkler (Woody Allen) hat das Arbeitsleben satt und möchte einfach nur noch entspannt und gemütlich Zeit mit Ehefrau Frenchy (Tracey Ullman) verbringen. Deswegen wollen die beiden eine Bank ausrauben. So kaufen sie kurzerhand eine Bäckerei, von der sie einen Tunnel in die Bank graben wollen. Das geht natürlich komplett schief. Dafür entdeckt Frenchy ihr Talent für leckere Cookies, die sie in der Bäckerei verkauft. Schon bald sind die Cookies ein absoluter Verkaufsschlager und die Winklers werden extrem wohlhabend. Um in der neuen Gesellschaftsschicht mithalten zu können, nehmen die beiden Unterricht bei David (Hugh Grant), der die Winklers aber lieber nach Strich und Faden ausnutzt.
Kritik: Erkennbar angelehnt an das Märchen vom „Fischer und seiner Frau“ drehte Woody Allen im Jahr 2000 „Schmalspurganoven“. Leider schafft es der Film nicht, sich als eigenständiges Werk aus den Allen-Massenproduktionen abzuheben. Sicher sind die Dialoge gut und witzig wie gewohnt, aber die Geschichte mitsamt ihrer Aussagen erreicht selten die Kraft, die die Zuschauer vor allem von älteren Werken von ihm gewohnt sind. Dafür ergibt er sich oft in selbstreferenziellen Anspielungen, denen es ähnlich an Originalität mangelt, wie der „Geld allein mach nicht glücklich“-Plattitüde, die „Schmalspurganoven“ aus jeder Pore atmet.
Das ist für einen Film, der sich selbst als Gesellschaftssatire verstehen will, nicht unbedingt das größte Gütesiegel. Trotzdem gelingt es Woody Allen immer noch, seine Schauspieler zu starken Leistungen anzuspornen. Neben ihm überzeugt vor allem die wunderbar schrullige Tracey Ullmann als seine Ehefrau. In Nebenrollen mausern sich Hugh Grant als arroganter Hochstapler und Allzweckwaffe Michael Rapaport zu tragenden Säulen des Films. So ist die ganze Produktion, obwohl sie unausgewogen und streckenweise etwas platt erscheint, immer noch recht sehenswert.
3 von 5 Punkten
Die Box ist seit dem 05.12.2013 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Bild: Den Filmen ist ihr Alter schon etwas anzumerken, auch wenn StudioCanal hier wirklich ordentlich Bearbeitungen liefert. Die Bilder sind schärfer und reicher an Details, die Farben (bzw. der Schwarz-Weiß-Ton) wirken frischer. Gerade bei „Bullets over Broadway“ fallen ein paar Unsauberheiten auf. Kein überragendes, aber ein absolut zufriedenstellendes Ergebnis.
3,5 von 5 Punkten
Ton: Wer auf ein großes Klangfestival hofft, sollte nicht zwingend zu Woody Allen-Filmen greifen. Die DTS-HD MA 2.0-Abmischungen sind bei allen fünf Filmen sauber und verständlich. Große Räumlichkeit oder Effekte sind natürlich nicht zu erwarten gewesen. Sie sind aber auch nicht nötig, so lange Allens Dialoge immer gut zu verstehen sind, was hier immer der Fall ist.
3 von 5 Punkten
Extras: Die Bonusmaterialien liegen nur in SD vor. Bei „Bullets over Broadway“ gibt es ein kleines, sehenswertes Featurette über Woody Allen (7 Minuten). Zu „Geliebte Aphrodite“ gibt es ein interessantes Interview mit Mira Sorvino (12 Minuten). Auf der Blu-ray von „Alle sagen „I love you“ gibt es keine weiteren Extras. „Celebrity“ enthält als Bonus eine Pressekonferenz mit Kenneth Branagh und Woody Allen (19 Minuten). Bei „Schmalspurganoven“ liegt ein Interview mit Woody Allen selbst (20 Minuten) bei. Aufgrund Woody Allens bekannter Abneigung gegen Making ofs und sonstigen Hinter den Kulissen-Beiträgen gibt es leider nicht mehr zu den Filmen zu sehen. Alle Blu-rays enthalten einige Trailer.
2,5 von 5 Punkten
Gesamt: 3,5 von 5 Punkten
Quelle: kindeer, YouTube
"Alle sagen: I love you" "Bullets over Broadway" "Celebrity" "Geliebte Aphrodite" "Schmalspurganoven"
Originaltitel: | "Everyone Says I Love You", "Bullets over Broadway", "Celebrity", "Mighty Aphrodite", "Small Time Crooks" |
Regie: | Woody Allen |
Darsteller: | Woody Allen, Goldie Hawn, Julia Roberts, John Cusack, Dianne West, Leonardo DiCaprio, Mira Sorvino, Hugh Grant |
Genre: | Komödie, Drama |
Produktionsland/-jahr: | USA, 1994-2000 |
Verleih: | Planet Media |
Länge: | 486 Minuten |
FSK: | ab 12 Jahren |
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