Inhalt: Mitten in einem sozial schwachen Hochhausviertel flüchtet sich ein jugendlicher Junge vor Angreifern in ein Gebäude und versucht verzweifelt, in eine der Wohnungen zu gelangen. Becky (Sheridan Smith, „Quartett“) versucht ihm gegen die beiden Verfolger zu helfen, wird aber bewusstlos geschlagen. Ansonsten ignoriert jeder die Tat. Kurz darauf ist der Junge tot. Als dann die Polizei kommt, um Zeugenaussagen aufzunehmen, weigern sich alle Bewohner aus Angst, dass sie ansonsten von den Tätern zur Rechenschaft gezogen werden.
Ein Jahr später sollen sie für ihr Schweigen bezahlen. Ein Unbekannter hat Funknetz und Ausgänge blockiert und eröffnet mit einem Scharfschützengewehr das Feuer auf die Bewohner der Etage. Außerdem hat er tödliche Fallen im ganzen Haus versteckt. Becky versucht gemeinsam mit dem Kriminellen Kurtis (Jack O’Connell), der von seinen Nachbarn Schutzgeld erpresst, dem abgebrühten Neville (Ralph Brown, „Stoker“) und einigen anderen aus dieser scheinbar ausweglosen Hölle zu entfliehen.
Kritik: Man nehme mit James Nunn und Ronnie Thompson zwei Regie-Neulinge, gebe ihnen kleines Geld und eigentlich nur einen Drehort und lasse sie einen Selbstjustizthriller im Kammerspielstil inszenieren. Hört sich nicht zwingend nach einem vielversprechenden Filmerlebnis an – ist es aber. Auch wenn „Tower Block“ nicht immer vollkommen logisch ist und der Film zum Abschluss etwas nachlässt, beweisen die beiden Macher eindrucksvoll, dass sie auch mit wenig Mitteln große Spannung erzeugen können. Nach einem auffällig guten Vorspann wird der Zuschauer in eine triste (durch Farbfilter clever in Szene gesetzte) Welt voller Hoffnungslosigkeit geworfen. Sie nehmen sich genügend Zeit, um die Charaktere einzuführen und eine glaubwürdige Atmosphäre aufzubauen, ehe unvermittelt das Sterben einsetzt. Dann ist der Film, der zu 80 % im Hausflur spielt, so nervenzehrend und intensiv, dass der Zuschauer den Blick nicht mehr vom Bildschirm lassen kann.
Das Final Girl und der Fiesling
Eine Stärke des Filmes sind dabei natürlich die guten Schauspieler, die mit ihrem Spiel und ihrer Natürlichkeit viel zum Gelingen des eigentlich einfachen Plots beitragen. Zentraler Punkt ist die talentierte Sheridan Smith, der man sofort abnimmt, dass ihre Becky schon einiges erlebt hat und die man zudem für ihre Courage bewundert. Herrlich widerlich ist der Auftritt vom jungen Jack O’Connell, der schon in dem verstörenden „Eden Lake“ sein Potenzial als Bösewicht gezeigt hat. Hier geht sein Auftritt noch etwas weiter als die reine Boshaftigkeit. Es sind aber vor allem seine sarkastischen Sprüche, der irre Blick und die Macho-Attitüde, die seinen Kurtis so stark machen, dass es eine Freude ist, ihm zuzugucken. Ralph Brown, als alternder etwas frustrierter Neville, der gezwungenermaßen noch einmal aufblüht (und mal keinen zwielichtigen Chrakter spielt), Russel Tovey („Grabbers“) als alkoholkranker Paul und auch der Rest der Besetzung gefallen mit überzeugenden, menschlich glaubwürdig wirkenden Auftritten. Hier macht das etwas müde Finale kaum einen Abbruch.
„Tower Block“ wird auf dem Cover als „Bester britischer Film 2012“ tituliert. Das ist sicher etwas übertrieben. Dennoch bietet dieser kleine fiese Thriller 90 Minuten beste Unterhaltung, die der Zuschauer in dieser Qualität wahrscheinlich nicht erwartet hätte. Die beklemmende Kammerspielatmosphäre im Hausflur und die guten Schauspielleistungen, gepaart mit der omnipräsenten Bedrohung durch den Heckenschützen machen „Tower Block“ aber ohne Zweifel zu einem waschechten Geheimtipp.
Der Film ist ab dem 13.09.2013 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
4 von 5 Punkten
Bild: Die Bildqualität dürfte für Diskussionen sorgen. Aufgrund zahlreicher Farbfilter kommt es zu einem sehr tristen, fahlen Look, der aber von den Machern sehr bewusst und gekonnt eingesetzt wurde. Die Bilder transportieren genau die Stimmung, die dieser Film braucht. Das dafür leichte Abstriche beim HD in Kauf genommen werden müssen, ist absolut vertretbar. An den richtigen Stellen ist der Transfer aber immer knackig scharf und reich an Details.
3,5 von 5 Punkten
Ton: Die englische und die deutsche DTS-HD MA 5.1-Tonspur sind auf sehr gutem Niveau. Die Dialoge sind immer gut verständlich und wenn Schüsse abgefeuert werden vibriert der ganze Raum. Auch die Hintergrundgeräusche und der Score wurden gut abgemischt.
4 von 5 Punkten
Extras: Ein kurzes „Behind the Scenes“ (6 Minuten) ist neben ein paar Trailern der einzige Bonus, der auf der Blu-ray zu finden ist. Hier wäre mehr wünschenswert gewesen.
1,5 von 5 Punkten
Gesamt: 3,5 von 5 Punkten
Quelle: Universum Film, YouTube
Tower Block
Originaltitel: | Tower Block |
Regie: | James Nunn, Ronnie Thompson |
Darsteller: | Sheridan Smith, Jamie Thomas King, Jack O'Connell |
Genre: | Thriller |
Produktionsland/-jahr: | UK, 2012 |
Verleih: | Universum Film |
Länge: | 90 Minuten |
FSK: | ab 18 Jahren |