Review: Trainer! (Blu-ray)

Inhalt: Deutschland ist verrückt nach Fußball! Millionen spielen selber und verfolgen jedes Wochenende die Spiele des Profi-Bereichs. Es wird diskutiert, Pläne geschmiedet, gelacht, gejubelt und getrauert. Nur sehr wenigen ist es vergönnt, ihre Liebe zu dem Spiel tatsächlich professionell auszuüben und auf hohem Niveau ein Team zu coachen. Doch was gehört überhaupt dazu, in dieser verantwortlichen Position zu stehen, immer im Fokus von Medien und Öffentlichkeit?

Kritik: Sportjournalist Aljoscha Pause, der seit Jahren immer wieder vorzügliche Dokumentationen zum Thema Fußball produziert, hat sich dieser Frage angenommen und wirft einen Blick hinter die Kulissen. Pause, der 2010 für seine Reportage „Tabubruch – Der neue Weg von Homosexualität im Fußball “ den Grimme-Preis erhalten hatte, kann sich seitdem die Aufträge fast aussuchen. Mit „Tom meets Zizou – Kein Sommermärchen“, in dem er über Jahre den unkonventionellen Profi Thomas Broich porträtiert hatte, erschien 2012 sein erster Kinofilm. Für „Trainer!“ hat er jetzt über den Verlauf von einem Jahr Frank Wormuth, der die Trainerausbildung beim DFB leitet und die Zweitliga-Trainer Stephan Schmidt (SC Paderborn) und Andre Schubert (FC St. Pauli) sowie den Drittliga Trainer Frank Schmidt (FC Heidenheim) begleitet.

Intime Einblicke und viele Gaststars

Auch wenn die Spielzeit von 138 Minuten auf den ersten Blick äußerst inflationär wirkt: Wer Fußball liebt, wird sich hier keine Sekunde langweilen. Ein großes Glück sind die vollkommen unterschiedlichen Typen und Saisonverläufe, die Aljoscha Pauses Werk zu Gute kommen. Der studierte Sportwissenschaftler Andre Schubert stand schon vor der Saison 2012/2013 etwas in der Kritik aufgrund eines verpassten Aufstiegs. Nach verpatztem Saisonstart musste er frühzeitig gehen. Hier sieht man sehr gut, wie die Mechanismen des Geschäfts greifen, da Schubert schonungslos ehrlich mit seiner Situation umgeht und die Kameras auch während seiner Zeit in der Arbeitslosigkeit nicht ablehnt. Stephan Schmidt ist mit 34 Jahren noch ein sehr junger Trainer und erlebte mit dem „Trainer!“-Team sein erste Profijahr, das von Höhen und Tiefen geprägt war. Nach einem sensationellen Start brach Paderborn ein und Schmidt musste zwei Spieltage vor Ende gehen.

Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Umgang mit dem etwas kapriziösen Spieler Deniz Naki, der St. Pauli aufgrund seines schlechten Verhältnisses zu Schubert in Richtung Paderborn verlassen hatte. Da Schmidt wie Naki aus einem sozialen Brennpunkt stammt, konnten es beide sehr gut miteinander. Hier zeigt Pause die unterschiedlichen Wahrnehmungen und lässt auch den Spieler ausreichend zu Wort kommen.

In Heidenheim ist der ehemalige Profi Frank Schmidt seit sechs Jahren eine Institution und hat den Verein von der Bezirksliga bis in die dritte Liga geführt. Nun sollte der nächste Aufstieg in Angriff genommen werden. Hier liefert „Trainer!“ die intimsten Bilder von der emotionalen Rede in der Kabine bis hin zum Krisengespräch mit dem Mannschaftsrat. Das Frank Schmidt, vergleichbar mit einem Jürgen Klopp, das Herz auf der Zunge trägt, schadet auch nicht.

In den Passagen von Trainer-Ausbilder Frank Wormuth erfährt der Zuschauer die meisten Fakten darüber, was ein angehender Trainer alles durchleben muss, um für den Profi-Sport zugelassen zu werden. Die ehemaligen Bundesligaspieler Sandro Schwarz und Thomas Meggle geben hier Internas aus der Sicht der Schüler bekannt. Alleine diese vier Handlungsstränge geben schon mehr über den Beruf des Trainers bekannt, als man je zuvor in einer derartigen Produktion gesehen haben dürfte. Dazu gibt es noch zahlreiche Interviews mit routinierten Stars der Branche, die von den Meister-Trainer Jürgen Klopp, Thomas Schaaf und Armin Veh bis zu Hans Meyer und Peter Neururer gehen. Hier beschränkt sich keiner auf Floskeln. Auch diese prominenten Vertreter der Branche erzählen erfrischend offen davon, was sie in all den Jahren erlebt haben.

„Trainer!“ ist eine Pflichtlektüre für Fußballfans. Aljoscha Pause ist wieder einmal ein sehr unterhaltsamer und informativer Film gelungen, der die Maschinerie Bundesliga aus einem ganz anderen Blickwinkel zeigt. Hier lernt der Zuschauer die Typen, die neben dem Spielfeld stehen, mitsamt ihrer Marotten kennen und weiß zum nächsten Spieltag sicher eher, wie viel Arbeit in der Vorbereitung auf die 90 Minuten gesteckt hat.

Die Dokumentation ist seit dem 28.06.2013 auf DVD und Blu-ray erhältlich.

4 von 5 Punkten

Bild: Auch wenn es bei einer derartigen Dokumentation nicht das Wichtigste ist, bietet „Trainer!“ ein sehr ordentliches Bild. Die Umsetzung ist bei Interviews, internen Aufnahmen aus Umkleiden und Büros, oder auch bei den Spielausschnitten auf ähnlichem Level. Es wird durchgängig ein recht scharfes Bild mit soliden Kontrasten geboten. Die Farben sind lebendig und natürlich. Dass das Bild nicht immer spektakulär plastisch wirkt, stört nicht.

3,5 von 5 Punkten

Ton: Die Tonspur liegt nur in einer Dolby Digital 5.1-Version vor. Die Gespräche sind alle gut verständlich. Dazu sind die Stadionszenen mit einer einigermaßen räumlichen Atmosphäre ausgestattet. Wer ein größeres Klangerlebnis wünscht, sollte zu einer teuren Hollywood-Produktion greifen.

3 von 5 Punkten

Extras: Im Featurette „Taktikschule mit Frank Wormuth“ (19 Minuten) gibt der DFB-Chefausbilder interessantes Theoriewissen für alle Amateur-, Jugend- und natürlich auch Möchtegern-Trainer der Republik. Wer von den Interviews im Film nicht genug bekommen hat, kann noch einige erweiterte durchaus lohnende Gesprächausschnitte (15 Minuten) sehen. Der Kurzfilm „Mesut, 17“ (10 Minuten), in dem es um die ersten Karriereschritte von Talenten heutigen Real Madrid-Star Mesut Özil geht, ist ein Highlight. Ein Trailer rundet die Bonusmaterialien ab.

3,5 von 5 Punkten

Gesamt: 3,5 von 5 Punkten

Quelle: Mindjazz Pictures, YouTube

Trainer!