Vom 29.09.-04.10.2013 fand in Köln inzwischen bereits zum 23. Mal das renommierte Filmfest Cologne Conference statt. Während der Tage wurden zahlreiche Workshops und exklusive Screenings, wie beispielsweise vom „Breaking Bad“-Serienfinale angeboten. Ein Höhepunkt bilden aber immer die Werkstattgespräche, bei denen sich die auf dem Festival ausgezeichneten Künstler für je eine Stunde den Fragen von Moderator und Publikum stellen. Im Wallraff Richartz Museum in der Nähe des Heumarkts konnten die Zuschauer kostenlos den ganzen Tag zuhören, was die Künstler von sich preisgeben.
Den Anfang machte Susanne Ritter, Preisträgerin des Deutschen Casting-Preises und Inhaberin der großen Kölner Agentur Ritter Casting. Darauf folgten Autor Christian Kracht („Faserland“) und seine Ehefrau, die Regisseurin Frauke Finsterwalder („Finsterworld“), die gemeinsam den TV Spielfilm-Preis erhielten. Sie folgten mit der Auszeichnung auf internationale Größen wie Michael Winterbottom, Todd Haynes und David Simon.
Um kurz nach 12 Uhr betrat dann ein wahrer Weltstar den Stiftssaal des Museums: Die französische Schauspiellegende Isabelle Huppert („Heaven’s Gate“) wurde mit dem International Actors Award ausgezeichnet, den sie auch persönlich entgegen nehmen wollte. Nach Beschwerden aus dem Publikum wechselten Huppert und ihr Gesprächspartner Marcus Seibert von Französisch zu Englisch, wodurch einigen Zuhörern (zu denen ich mich zähle) erst ein wirklicher Zugang zum Gespräch gewährleistet wurde. Mit ihrem berühmten, etwas unterkühlten Charme berichtete die Schauspielerin aus ihrem schier unendlichen Erfahrungsschatz in der Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Michael Haneke (2012 in „Liebe“) und erzählte sehr offen, dass sie inzwischen locker an die Vorbereitung herangeht und auch einmal gerne improvisiert. Gegen Ende unterstützte sie noch eine französische Schauspielklasse, die aktuell auf Ausflug in Köln waren, mit nützlichen Tipps für ihre Zukunft.
Nach der Mittagspause kam die Deutsch-Türkin Sibel Kekilli auf die Bühne, die mit dem Hollywood Reporter Award ausgezeichnet wurde. In einer äußerst kurzweiligen Gesprächsrunde erzählte Kekilli sehr bereitwillig von ihrer eher zufälligen Entdeckung während eines Einkaufsbummels in Köln und dem darauf folgenden sehr langen Casting-Prozess für ihren großen Durchbruch „Gegen die Wand“ von Fatih Akin. Einen gewaltigen Teil des Gesprächs nahm natürlich ihre Arbeit als Shae in der vielfach preisgekrönten HBO-Serie „Game of Thrones“ ein. Mit einigem Augenzwinkern erzählte sie von ihren damals schlechten Englisch-Kenntnissen und panischen Fluchtversuchen, nachdem sie die Zusage für die Rolle bekam. Dabei nutzt sie jede Gelegenheit, Kollegen wie vor allem Peter Dinklage zu loben und gab noch ein paar kleine Anekdoten vom Set zum besten. Auch über ihre „Tatort“-Rolle wusste Kekilli nur Gutes zu berichten. Außerdem offenbarte sie, dass sie nie einen Job nur wegen des Geldes annehmen würde und bat scherzhaft um Sponsoring aus dem Publikum, dem sie am Ende noch einige Fragen beantwortete.
Dann machte sie auf der Bühne Platz für Regie-Sonderling Harmony Korine, der unter anderem auf Roman Polanski und David Lynch als Gewinner des Filmpreis Köln folgte und im britischen Moderator und Künstler Phil Collins (nach eigener Aussage „not related“) einen passenden Gesprächspartner fand. Korine holte weit aus und erzählte von frühester Kindheit, die er in einer sozial schwachen Nachbarschaft verbrachte und einer Schule mit Lehren, „die teilweise kaum lesen konnten“. Chronologisch arbeitete er sich bis zu seinen ersten Schreibversuchen und einer Lehrerin, die ihn bei Traum des Filmemachens förderte. Dann kam er auch schon bald zum Kultfilm „Kids“ (1995), für den er bereits mit 19 Jahren ein (meiner Meinung nach herausragendes) Drehbuch geschrieben hatte.
Auch sein darauf folgendes Regie-Debüt „Gummo“, mit dem Korine seinen verstörend-faszinierenden, bildgewaltigen Stil prägte und in Venedig dafür ausgezeichnet wurde, bekam einiges an Raum. Allerdings musste der nicht so Korine-affine Zuschauer zu dem Zeitpunkt aufpassen, um nicht bei Collins Fragen nach Bunny Boy und Co. den Anschluss zu verlieren. Auch andere von Fans und Kritikern gefeierte Werke wie „Mister Lonely“ oder den aktuellen „Spring Breakers“ besprachen die beiden ausführlich. Dabei gab Korine zu, dass er sehr überrascht war, als die Disney-Stars Selena Gomez und Vanessa Hudgens sich für seinen Film verpflichteten. In den abschließenden Publikumsfragen erzählte er von einem kuriosen Experimentalfilm, bei dem er sich von wildfremden Menschen verprügeln ließ. Trotz einiger Knochenbrüche und Verhaftungen ließ er sich nie von seinem Vorhaben abbringen, „da er den lustigsten Film aller Zeiten machen wollte“.
Obwohl dieses Projekt scheiterte, hat Harmony Korine mit seiner Hingabe definitiv die Auszeichnung der Cologne Conference verdient. An dieser Stelle können wir den Veranstaltern zu einer gelungenen Auswahl an hoch interessanten Gästen gratulieren und freuen uns schon darauf, nächstes Jahr wieder die Werkstattgespräche zu besuchen.
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