24. Cologne Conference: Interviews und Fazit

Tom Tykwer mit dem Hollywood Reporter Award (Quelle: Carolin Reinoldi)

Tom Tykwer mit dem Hollywood Reporter Award (Quelle: Carolin Reinoldi / Reinoldi Emotions für Leinwandreporter)

Zwischen dem 05. und dem 10.10. stand in Köln alles im Zeichen von Film und Fernsehen. Vor allem seit dem 06.10. konnte man ganze Abende mit Screenings von Filmen und Serien verbringen (Kritiken teilweise bereits online, Rest folgt in den nächsten Tagen), die man sonst so eher nicht im Kino erleben darf. So erlebten wir unter anderem erste Episoden aus Danny Boyles satirischer Polizei-Serie „Babylon“, Steven Spielbergs SciFi-Produktion „Extant“ und dem düsteren Thriller „The Fall“ mit Gillian Anderson. Dazu kamen internationale Filme wie die herrlich skurrile Dostojewski-Adaption „The Double“ (mit Jesse Eisenberg und Mia Wasikowska) und „Alan Partridge“, in dem der wie aufgezogen spielende Steve Coogan noch einmal in die Rolle des selbstverliebten Radio-Moderators schlüpfen durfte. Besondere Momente der Woche sind wie immer die Film-Premieren gewesen. So konnte man im Residenz-Kino – der Festival-Zentrale – Götz George und Hannelore Elsner für die Vorstellung des Thrillers „Besondere Schwere der Schuld“ und eine illustere Ansammlung von Schauspiel-Routiniers um Mario Adorf für die spritzige Improvisations-Comedy „Altersglühen“ begrüßen.

Am letzten Tag fand die Veranstaltung in der Preisverleihung im Gürzenich ihren Höhepunkt und hatte mit Lars von Trier, Tom Tykwer, Martina Gedeck und Bertrand Tavernier vier große Gesichter des ungewöhnlichen und eigenständigen europäischen Kinos geladen und ausgezeichnet. Bis auf Lars von Trier, der sein Schweigegelübde auch dieses Mal zumindest vor der Presse nicht aufgab, stellten sich die Preisträger im Wallraff Richartz Museum den obligatorischen Werkstattgesprächen, bei denen sie eine Stunde den Fragen von Moderator und Publikum antworten. Den Beginn machte Martina Gedeck, die Gewinnerin des International Actors Award, die außerdem die vielleicht vielseitigste deutsche Schauspielerin ihrer Generation ist. Von „Der bewegte Mann“ und „Rossini“ über die Oscar-Filme „Das Leben der Anderen und „Der Baader Meinhof Komplex“ bis hin zu der atemberaubenden Solo-Show „Die Wand“ verdiente sich Gedeck die höchsten Weihen.

Martina Gedeck bedankt sich für ihre Auszeichnung (Quelle: Carolin Reinoldi)

Martina Gedeck bedankt sich für ihre Auszeichnung (Quelle: Carolin Reinoldi / Reinoldi Emotions für Leinwandreporter)

Vor einer Mischung aus Pressevertretern, Film-Studenten und Fans erzählte eine bodenständig-sympathische Martina Gedeck von ihren Anfängen in der Branche, in denen sie auch kleine undankbare Rollen persönlich weiterentwickelte und so immer mehr die Freude am Spiel fand. Bis heute entwickelt sie ihre Figuren, unabhängig von der Größe des Parts, auf die gleiche Weise. Im weiteren Verlauf sprach sie unter anderem über die Arbeit mit unerfahrenen Regisseuren, die Bedeutung von Auszeichnungen, die schwierige Produktion von „Die Wand“ und den Status der Frauen in der deutschen Kino- und Fernseh-Landschaft. Sachlich, charmant und geduldig beantwortete sie auch alle Fragen des interessierten Publikums. Nach ihr übernahm der französische Regie-Veteran Bertrand Tavernier, der für seine Polit-Satire „Quai d’Orsay“ mit dem TV Spielfilm-Preis ausgezeichnet wurde.

Der ehemalige Jura-Student Tavernier ist seit den 70er-Jahren die französische Stimme für ambitioniertes, intelligentes und originelles Kino. Vor allem seine aufwendigen Historienfilme sind seit Jahren ein wichtiger Teil des europäischen Filmes. Auch im US-Kino konnte er 2009 mit dem Südstaaten-Drama „In the Electric Mist“ seine Fußstapfen hinterlassen. Das Publikum erlebte ein äußerst fitten Regisseur, der viel rund um sein neuestes Projekt zu erzählen hatte. „Quai d’Orsay“ ist ein für ihn ungewöhnliches Werk, das auf einem Comic basiert, der wiederum auf dem Schaffen des jahrelangen Innen- und Außenministers Dominique de Villepin aufbaut. Ein sichtlich gut gelaunter Regie-Veteran berichtete von den angenehmen Teilen und Schwierigkeiten des Drehs, sowie den Unterschieden von Comic und seiner Adaption. Dabei gönnte er sich immer wieder Seitenhiebe auf die Politik (beispiels- und verdienterweise gegen Jean-Claude Juncker). Zum Ende dieser Runde widmete er sich ebenfalls den Fragen des Publikums und erzählte von seinen Inspiratonsquellen.

Der Regie-Veteran Bertrand Tavernier wurde ebenfalls prämiert (Quelle: Carolin Reinoldi)

Der Regie-Veteran Bertrand Tavernier wurde ebenfalls prämiert (Quelle: Carolin Reinoldi / Reinoldi Emotions für Leinwandreporter)

Zum Abschluss der Werkstattgespräche kam der deutsche Star-Regisseur und Gewinner des Hollywood Reporter Awards Tom Tykwer, der am Morgen noch in Berlin gedreht hatte und bescherte dem Publikum eine ausgesprochen unterhaltsame Stunde, bei der er von seinen ersten Erfahrungen mit dem Medium als 16 Jahre alter Filmvorführer einen Querschnitt durch seine komplette Karriere bot. Er erzählte sehr offen und augenzwinkernd von seinen ersten Drehbuch-Fehlschlägen und seinem (Traum-)Job als 22 Jahre alter Einkäufer beim Verleih Jugendfilm, wo er unter anderem für den kommerziellen Fehlschlag „Twin Peaks: Fire Walk With Me“ die Verantwortung trug. Es ging weiter von ersten eigenen Produktionen, bei denen er mit den Fördergeldern des neuen Films, die Rechnungen des Alten bezahlen mussten. Bei „Lola rennt“ war er schon an einem Punkt angelangt, wo der Film „Schnell zu drehen war und ein Hit werden musste, damit es weiter geht.“ Da der Film ein Welterfolg wurde und den Startschuss zu Tykwers internationaler Karriere begründete, hatte sich dieses Problem dann bald erledigt.

Im Anschluss entmystifizierte Tykwer gleich das große Phänomen Hollywood: „Jedes noch so schwachsinnige Drehbuch, in dem eine Frau rennt, landete auf meinem Schreibtisch. Um die wirklich starken Skripte zu bekommen war ich noch nicht weit genug und aus einem mittelprächtigen Drehbuch macht kein Regisseur einen starken Film.“ So dauerte es dann noch ein paar Jahre, bis uns Tykwer internationale Hits wie „Das Parfüm“, „The International“ oder „Cloud Atlas“ bescheren konnte. Im weiteren Verlauf des Gespräches berichtete Tykwer noch von seinem unterstützenswerten sozialen Projekt „One Fine Day“, welches Künstler in Nairobi, Kenia eine Filmausbildung ermöglicht. Natürlich kamen danach noch sein neuer Film „Ein Hologramm für den König“ und seine Serien-Projekte „Sense8“ und vor allem „Babylon Berlin“ – die meiner Meinung nach die deutsche Serien-Welt nachhaltig verändern kann – zur Sprache. In diesem Zusammenhang kritisierte Tykwer noch die erschreckend eng gesetzten Termin-Pläne für Drehs von Erfolgsformaten wie dem „Tatort“ oder sogar „Breaking Bad“. Mit einigen Tipps für die jungen Filmemacher beschloss Tykwer seine Gesprächsrunde und machte sich wie viele andere auf den Weg zum Gürzenich, wo die Preise übergeben werden sollten.

Lars von Trier mit dem Filmpreis Köln (Foto: Carolin Reinoldi)

Lars von Trier mit dem Filmpreis Köln (Quelle: Carolin Reinoldi / Reinoldi Emotions für Leinwandreporter)

Auf dem roten Teppich tummelten sich dann am Abend zahlreiche Stars und Sternchen der Branche, die alle dieses Highlight nicht verpassen wollten und bereitwillig vor der Presse für Fotos posierten und Interviews gaben. Im Anschluss kamen die Preisträger, bei denen sich auch der scheue Lars von Trier Zeit für Bilder nahm. Nach und nach wurden von den drei weiteren Gewinnern die Gespräche mit der Presse abgehandelt, ehe die geschmackvolle und dankenswerterweise nicht zu lange Preisverleihung begann. Mit gut gewählten Videos und vermehrt unterhaltsamen Laudatoren wurden diese außergewöhnlichen Künstler entsprechend gewürdigt. So war selbst von Trier derart angetan, dass er tatsächlich eine kurze prägnante Dankesrede hielt: „Ich habe seit drei Jahren nicht mehr in der Öffentlichkeit gesprochen und habe jetzt ein paar Worte vorbereitet. Ich danke Ihnen sehr.“ Damit wurde das Publikum zur Aftershow-Party entlassen, bei der bei gutem Essen und Trinken über das Erlebte diskutiert werden konnte.

Nun ist die 24. Cologne Conference vorbei und hat mich als Kritiker und Fan mal wieder gelehrt, warum diese Filmwelt ein so großer Teil meines Lebens ist. Sehenswerte, oft unkonventionelle Filme und Serien sowie Größen der Branche konnten hier mit Gleichgesinnten genossen werden. Weit weg vom RomCom- und Michael Bay-Mainstream-Kino wurden hier wieder einmal Beispiele für künstlerisch hochwertige und dennoch meistens unterhaltsame Projekte geboten. Diese vier herausragenden und inspirierenden Künstler, die ausgezeichnet worden sind, atmen den Geist dieses seit Jahren wachsenden Film-Fests, welches für jeden Liebhaber des Metiers ein absoluter Pflichttermin sein sollte.

Hier seht ihr jetzt unseren Beitrag mitsamt einiger Interviews, die wir am roten Teppich der Preisverleihung für euch sammeln konnten. Die Aufmerksamen werden im Video sogar eine Verlosung entdecken, die bis zum 25.10. läuft und besonders die Fans von einem der Preisträger begeistern dürfte.


Quelle: LeinwandreporterTV, YouTube

Verfasst von Thomas.

Zuletzt geändert am 13.10.2014
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