Inhalt: Der Geschichts-Professor Adam (Jake Gyllenhall, „Brothers“) ist ein recht langweiliger Durchschnittstyp. Neben seinem Job und lieblosem Sex mit Freundin Mary (Mélanie Laurent, „Die Unfassbaren – Now You See Me“) geht in seinem Leben nicht viel vor. Nach der Empfehlung eines Kollegen leiht er sich einen Film, der seinen Alltag gründlich auf den Kopf stellt. Alles beginnt damit, dass er in einer kurzen Szene einen Schauspieler entdeckt, der ihm bis aufs Haar gleicht. Nach etwas Recherche findet er heraus, dass der Darsteller Anthony Claire (ebenfalls Gyllenhall) sogar in seiner Nähe wohnt. So versucht er, Kontakt zu seinem Doppelgänger aufzunehmen, der ihn aber schon bald für einen Stalker hält. Doch da selbst die Stimme der beiden identisch ist, was eine Verwechslung durch Anthonys Frau Helen (Sarah Condon, „Eine dunkle Begierde“) belegt, kommt es zum Aufeinandertreffen. Danach wird die Situation für beide immer skurriler und unwirklicher.
Kritik: Im vergangenen Jahr gelang Hollywood-Neuling Denis Villeneuve mit dem Entführungs-Thriller „Prisoners“ einer der spannendsten Filme des Jahres. Bereits vor diesem Erfolg, noch in Kanada, drehte er diesen ungewöhnlichen Psychothriller, der jetzt mit Verspätung in die Kinos kommt. Handwerklich ist der Film über jeden Zweifel erhaben. Grandiose Kameraarbeit und ein geschickt eingesetzter Score begleiten den Zuschauer auf einem Trip, an dem wohl auch Kafka selbst seine helle Freude gehabt hätte. Zwischen teils albtraumhaften Ambiente, nervenzehrender Spannung und bizarren Momenten gelingt es Villeneuve geschickt, Andeutungen zu streuen, die viel Interpretationsspielraum lassen. Bis hin zu einem Finale, was nach einiger Zeit der Sprachlosigkeit entweder für puren Frust oder Begeisterung sorgt, durchleben die Zuschauer 90 auf ihre Art einzigartige Minuten. Zwar erreicht der Regisseur nicht ganz die Brillanz, die David Lynch beispielsweise bei „Mulholland Drive“ liefert, aber er kommt streckenweise nah an dieses Niveau heran.
Doppel-Gala und Diskussionsstoff
Wer seine Filme gern klar und eindeutig hat, wird hier nicht viel Freude haben, da „Enemy“ fast jedem Zuschauer ein anderes Ergebnis offenbart. Es gibt viele verschiedene Zeichen und Leitmotive wie die Spinne, die auch auf dem Plakat zu sehen ist. Dazu sind einige Schnitte so geschickt gesetzt, dass selbst hier nicht alles so klar ist, wie es scheint. Ein Trumpf sind auch die vier Schauspieler, die im Film eine bedeutende Rolle spielen. Jake Gyllenhall zeigt hier in einer spektakulären Doppelrolle, dass er gerade in unkonventionellen Filmen zu Weltspitze zählt. Er schafft es nahezu problemlos, beide Figuren mit Leben zu füllen und auch durch sein Spiel die Sogkraft der Geschichte zu verstärken. In dieser Verfassung wäre er auch ein guter Kandidat für die höchsten Filmpreise. An seiner Seite geben Mélanie Laurent, Isabella Rosselini („Blue Velvet“) und Sarah Condon absolut sehenswerte Frauenfiguren. Sie sind Anthonys und Adams einzige ernstzunehmende Kontakte in die Außenwelt. Besonders David Cronenbergs neue Lieblingsschauspielerin Sarah Condon liefert hier eine sehr gute Vorstellung.
„Enemy“ ist in jedem Fall ein Film, der die Geister spalten wird. Teils geniale Bilder und Szenen geben dem Zuschauer viel, fordern auch einiges ein. Auch wenn es fernab jeglicher Sehgewohnheiten zugeht: Wenn noch Stunden nach dem Film herzhaft diskutiert und spekuliert werden kann, hat ein Regisseur nicht nur rein handwerklich sein Ziel erreicht. So gibt es hier Erlebnis-Kino der anderen Art.
4 von 5 Punkten
Quelle: Capelight Pictures, Leinwandreporter TV, YouTube
Originaltitel: | Enemy |
Regie: | Denis Villeneuve |
Darsteller: | Jake Gyllenhaal, Mélanie Laurent, Sarah Gadon, Isabella Rosselini |
Genre: | Thriller |
Produktionsland/-jahr: | Kanada, 2013 |
Verleih: | Central Film |
Länge: | 90 Minuten |
FSK: | ab 16 Jahren |
Kinostart: | 22.05.2014 |
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