Inhalt: Nach seinem Gold-Medaillen-Triumph bei den olympischen Spielen 1984 hat sich das Leben von Ringer Mark Schultz (Channing Tatum, „Side Effects“) nicht unbedingt zum Positiven gewandelt. Neben gelegentlichen Motivations-Reden an Schulen und der Trainings-Routine mit seinem großen Bruder und Mentor Dave (Mark Ruffalo, „Die Unfassbaren – Now You See Me“) fristet er 1987 ein relativ einsames und trostloses Dasein. Deswegen zögert er auch keine Sekunde, als ihn der Sportfan und Multimillionär John du Pont (Steve Carell, „Wie beim ersten Mal“) auf sein Anwesen für eine Unterredung einlädt. Dieser möchte ihn sponsern, wenn sich Mark auf dem Gelände des reichen Hobbyringers für die olympischen Spiele vorbereitet. Mit eigenem Team, professionellen Trainingsbedingungen und vor allem einem ordentlichen Gehalt ist Mark sofort Feuer und Flamme. Zwischen dem Sportler aus einfachen Verhältnissen und dem exzentrischen Millionär entsteht schon bald so eine Art Freundschaft. Nach einigen vergeblichen Anläufen gelingt es John sogar, Dave in sein Team zu holen. Doch um so näher die olympischen Spiele rücken, wächst die Anspannung unter den Beteiligten, die schon bald katastrophale Ausmaße annimmt.
Drehbuch/Hintergrund: Die Geschichte basiert komplett auf wahren Begebenheiten. Ein Buch des echten Mark Schultz bildete die Ausgangslage für das Drehbuch von E. Max Frye („Ein heißer Coup“) und Dan Futterman („The Birdcage“). Hier muss auch gar nicht viel dazu gedichtet werden, da die Hintergründe zu „Foxcatcher“ spannend, traurig, beklemmend und packend sind. Natürlich werden hier und da Details angepasst. Vor allem dank starker Dialoge entwickelt sich die Story auf der Leinwand bestens.
Regie: Die ersten beiden Spielfilme von Regisseur Bennett Miller waren „Capote“ und „Moneyball – Die Kunst zu gewinnen“. Diese beiden Projekten werden durch zwei Fakten geeint: Sie basieren auf wahren Geschichten und räumten beide bei Preisverleihungen ab. Allerdings ist „Foxcatcher“ sein wohl bislang bester Film, was ihm auch schon den Regie-Preis in Cannes einbrachte. Auch wenn er wie „Moneyball“ in der Welt des Sports beheimatet ist, kann dieses 134 Minuten lange Werk wohl eher als Drama mit Thriller-Elementen bezeichnet werden. Dank einer souveränen und stilsicheren Inszenierung Millers entwickelt sich so trotz kleiner Längen einer der faszinierendsten Filme des bisherigen Kinojahres.
Look: Der in sehr kühlen Farben präsentierte Film wechselt bei den Orten eigentlich nur zwischen Sporthallen, Wohnräumen und dem Außenbereich der du Pont-Farm. Wirklich spektakulär ist aber das Make Up, mit dem die Schauspieler – insbesondere Steve Carell – fast bis zur Unkenntlichkeit verfremdet werden und ihren originalen Charakteren schon bald sehr ähnlich sehen. Es wäre schon sehr verwunderlich, wenn sich der Film in dieser Kategorie nicht den Oscar sichern würde.
Schauspielkino auf höchstem Niveau
Schauspieler: Hinter dem beeindruckenden Make Up stecken aber noch einige ganz hervorragende Schauspieler. Channing Tatum darf mit breit geklopfter Nase und Blumenkohlohren seine enorme Physis mit emotionalem Tiefgang und Verletzlichkeit verbinden und liefert eine großartige Leistung. Als sein Bruder zeigt Schauspiel-Chamäleon Mark Ruffalo wieder einmal, was aus ihm einen der besten und wandelbarsten Hollywood-Mimen macht. Die eigentliche Sensation des Filmes ist aber Steve Carell. Die meisten kennen ihn als „Stromberg“-Gegenstück in „Das Büro“ oder als Trauerkloß aus Filmen wie „Crazy, Stupid, Love.“ und „Jungfrau (40), männlich sucht“. Das ernste Genre gehörte eher weniger zu seinen Vorzeige-Rubriken. Dennoch besetzte Miller ihn als sonderbaren Philantropen mit mentalen Problemen und landet einen Volltreffer. Wie wunderbar skurril und abgehoben der optisch extrem veränderte Carell die Rolle spielt, ist atemberaubend. Er schafft es gleichzeitig, beängstigend, bemitleidenswert und amüsant zu sein. Damit sollte er einen der vorderen Plätze beim Hauptdarsteller-Oscar sicher haben. Neben dem herausragenden Trio sind unter anderem noch Sienna Miller („Layer Cake“), Vanessa Redgrave („Mission: Impossible“) und Anthony Michael Hall („Dead Zone“) in kleinen Rollen zu sehen.
Unterhaltungswert/Spannung: Sicherlich hätte der Film 15-20 Minuten schlanker sein können, was aber jammern auf höchstem Niveau ist. Diese finster-faszinierende Geschichte nimmt den Zuschauer – natürlich auch dank der Schauspieler – mit auf einen anspruchsvollen Trip, an dessen Ende man erst einmal schlucken muss. Popcorn-Kino ist „Foxcatcher“ aber mit Sicherheit nicht.
Dramatik: Hier treffen auf ihre Art gescheiterte Existenzen aufeinander, die einen gemeinsamen Traum leben wollen, der ihr einziges Lebensziel wird. Wenn so ein Traum dann zu zerplatzen droht, bekommt der Zuschauer eine derartig tragische, menschliche Geschichte erzählt, die ihre Eindrücke hinterlässt.
Humor: Vor allem wenn Außenseiter John sich in ein helles Licht setzen will, ist der Film auf eine tragische Art auch witzig. Wenn er beispielsweise Mark nötigt, eine mit Fremdwörtern gespickte Rede auf ihn zu halten oder ihn mit einem mehr als eigenwilligen Spitznamen anzureden, bekommen die Zuschauer bei aller Ernsthaftigkeit auch etwas zu lachen.
Liebe/Romantik: Dafür bleibt in dieser Geschichte kein Raum.
Fazit: Bennett Miller zeigt uns eine wahre Geschichte aus der Welt des Ringsports und macht sie zu einem – trotz kleiner Längen – grandiosen Psychodrama, das von drei außergewöhnlichen Schauspielleistungen lebt. Dabei gelingt es vor allem dem nicht nur optisch kaum wiederzuerkennenden Steve Carell, „Foxcatcher“ seinen denkwürdigen Momente zu geben. Es wird interessant zu beobachten, wie viele Preise dieser außergewöhnliche Film am Ende abräumt.
4,5 von 5 Punkten
Quelle: Leinwandreporter TV, StudioCanal, Koch Media, YouTube
Foxcatcher
Originaltitel: | Foxcatcher |
Regie: | Bennett Miller |
Darsteller: | Steve Carell, Channing Tatum, Mark Ruffalo, Vanessa Redgrave, Sienna Miller |
Genre: | Drama, Biographie, Thriller |
Produktionsland/-jahr: | USA, 2014 |
Kinostart: | 05.02.2015 |
Verleih: | Koch Media, StudioCanal |
Länge: | 134 Minuten |
FSK: | ab 12 Jahren |