Inhalt: Der Lehrer und ambitionierte Autor Noah Solloway (Dominic West, „The Wire“) ist seit 20 Jahren glücklich mit der attraktiven und gut situierten Helen (Maura Tierney) verheiratet. Gemeinsam haben sie vier Kinder. Wie jeden Sommer verbringt die Familie ihren Urlaub auf einer Insel im Luxushaus der Schwiegereltern Bruce (John Doman, „Borgia“) und Margaret (Kathleen Chanfant). Da Bruce ein äußerst selbstgefälliger Star-Autor ist, der Noah gerne seine Unzulänglichkeiten aufzeigt, ist die Vorfreude des Familienvaters eher begrenzt. Alison Bailey (Ruth Wilson) ist eine Einheimische auf der Insel. Sie lebt mit Ehemann Cole (Joshua Jackson, „Fringe – Grenzfälle des FBI“) in einem kleinen Haus am Strand. Gemeinsam mit der großen Familie Coles betreiben sie eine gigantische Ranch, die seit Generationen im Familienbesitz ist. Allerdings kriselt die Ehe, seitdem vor zwei Jahren das Kind der beiden bei einem Unfall verstorben ist.
Bei Alisons Nebenberuf in einem örtlichen Restaurant lernt sie Noah kennen. Die beiden verstehen sich auf Anhieb. Als sie sich dann zufällig wiedersehen, beginnen sie eine leidenschaftliche Affäre, die den ganzen Sommer andauern soll. Gepackt von ihren Emotionen ahnen sie nicht, welche Auswirkungen sie für sich selbst und die Menschen in ihrem Umkreis hinauf beschwören.
Kritik: Hagai Levi und Sarah Treem, die gemeinsam bereits die Erfolgs-Serie „In Treatment“ zu verantworten hatte, übernahmen für den Pay TV-Kanal Showtime die Produktion von „The Affair“ Schon mit diesem Eröffnungsjahr gelang es, den Golden Globe für die „Beste Drama-Serie“ zu gewinnen. Wie sich schon am Inhalt ablesen lässt, ist das Geschehen nicht auf reines Entertainment ausgelegt. Viel mehr entwickelt sich schon bald eine psychologisch intensive Charakterstudie, die bei den meisten Zuschauern wohl eine gewisse Anlaufzeit brauchen dürfte. Die Macher nehmen sich Zeit, um die Figuren entsprechend vorzustellen und einzuführen. Deswegen beinhalten die ersten Episoden einige sehr ruhige Momente. Wer die Geduld dafür mitbringt, wird mit einer Geschichte belohnt, die sich den Golden Globe durchaus verdient. Es wird nie eine wertende Haltung zu den Handlungen eingenommen, was hier ein wirkliches Qualitätsmerkmal ist.
Die Erzählweise ist ebenso ungewöhnlich wie reizvoll. Das Verhör bei einem Kommissar (Victor Williams, „King of Queens“) bildet die Ausgangslage der Geschichte. Beide Protagonisten erzählen ihre Erinnerungen an das Verhältnis und die Begleitumstände. So bekommt jede Episode ein Kapitel „Noah“ und einen Abschnitt „Alison“. Wer jetzt befürchtet, in gemeinsamen Szenen der beiden mehrfach das gleiche Material zu sehen: Die Sicht auf die Situationen ist individuell und wird genau so unterschiedlich erzählt. Wer jetzt die genaue Wahrheit erzählt? Da wird der Zuschauer genau wie Detective Jeffries dem Bauchgefühl überlassen. Die Gründe der Ermittlung bleiben außerdem bewusst lange ein Mysterium und eine Spannungsquelle. Im Zuge der Staffel werden die Ereignisse immer fesselnder und die Erzählstruktur noch einmal dichter. Als Höhepunkt kann ohne Zweifel die hoch emotionale neunte Episode angesehen werden, die die vielleicht stärkste Serien-Folge des gesamten Jahres ist.
Durchweg beeindruckend sind die Leistungen der Darsteller, wobei die Protagonisten herausragen. Die unglaublich komplexen Charaktere werden in jeder Facette makellos und berührend umgesetzt. Ruth Wilson ist als Alison Verführerin, Mutter und Freundin. Sie sucht nach Hoffnung, wird aber immer wieder von der Dunkelheit rund um den Tod des Sohnes heruntergezogen. Nach dem teuflisch unterhaltsamen, aber wenig subtilen Auftritt als Psychopathin Alice in „Luther“ zeigt sie hier eine andere Seite von sich und gibt schonungslose Einblicke in die Psyche ihrer Figur. Die Auszeichnung mit dem Golden Globe als „Beste Hauptdarstellerin“ war folgerichtig. Dominic West glänzt als liebender Familienvater, dessen Leben plötzlich aus den Fugen gerät. Es ist auch seiner vielschichtigen Darbietung zu verdanken, dass sein Verhalten zu jeder Zeit nachvollziehbar ist. Besonders in der späteren Phase der Staffel, kann er in feurigen Dialogen sein ganzes schauspielerisches Potenzial abrufen.
Auch wenn West und Wilson das Herz des Geschehens sind, wurden auch die Nebenrollen hervorragend besetzt. Dabei ist es vor allem an den „gehörnten“ Ehepartnern, weitere Glanzpunkte zu setzen. Maura Tierney spielt als Helen, die aufgrund der distanzierten Erziehung durch ihre Eltern die familiären Werte um so höher hängt, vor allem in der zweiten Hälfte der Staffel einen tollen Part. Joshua Jackson wird auch zu einem immer besseren Schauspieler. Als Cole, der für seine Frau der Fels in der Brandung sein möchte, aber auch sichtlich traumatisiert ist, zeigt er ein beachtliches Pensum. Julia Goldani Telles entwickelt sich als rebellische Tochter von Noah und Helen zu einer Entdeckung dieser Staffel.
„The Affair“ braucht eine gewisse Anlaufzeit, um die Zuschauer ins Boot zu holen. Wenn das erst einmal geschehen ist, entwickelt sich eine packende, authentische und ungewöhnlich erzählte Geschichte, die sich immer weiter steigert. Schauspielerisch gibt es aktuell kaum Serien, die das hier gezeigte Niveau rund um die beiden großartigen Hauptdarsteller erreichen. Sollten in der kommenden Staffel die letzten Kinderkrankheiten entfernt werden, hat „The Affair“ alle Anlagen, um ein noch größeres Highlight der anspruchsvollen Serien-Unterhaltung zu werden.
4 von 5 Punkten
Quelle: AmazonVideoDE, YouTube
The Affair - Staffel 1
Originaltitel: | The Affair - Season 1 |
Showrunner: | Hagai Levi, Sarah Treem |
Darsteller: | Dominic West, Ruth Wilson, Maura Tierney |
Genre: | Drama-Serie |
Produktionsland/-jahr: | USA, 2014 |
Verleih: | Showtime/Amazon Prime |
Länge: | 10 Episoden zu je 60 Minuten |
FSK: | ab 16 Jahren |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von Universal Pictures