Seit den späten 1990er-Jahren ist Paul Hyett in der Filmbranche aktiv. Im Bereich von Spezialeffekten und Make Up wurde er schnell zu einer festen Größe in der Branche. So konnte er unter anderem mit seiner Arbeit an dem Erfolg „The Descent – Abgrund des Grauens“ von Neill Marshall bleibende Eindrücke in der Horror-Gemeinde hinterlassen. 2012 feierte Hyett dann sein Regie-Debüt mit dem verstörenden und äußerst eindringlichen Thriller „The Seasoning House“. Etwas leichter verdaulich wird es jetzt (gleich auf mehreren Ebenen) in dem Nachfolger „Howl“, der am 08.04.2016 von Capelight Pictures auf DVD und Blu-ray veröffentlicht wird. In dem Film sind unter anderem wieder Rosie Day und Sean Pertwee sowie die „The Descent“-Hauptdarstellerin Shauna Macdonald zu sehen, die in einem Nachtzug von Werwölfen attackiert werden.
Im Rahmen des Fantasy Filmfest 2015 hat Paul Hyett den Film dem Festival-Publikum vorgestellt. Nach dem Screening hat er sich mit Leinwandreporter Thomas getroffen und einige Fragen rund um den Film beantwortet.
LWR: Gleich zu Beginn: Wie kam es zu dieser zweiten Regie-Arbeit von dir?
Paul Hyett: Die Produzenten Ed King und Martin Gentles hatten meinen Film „The Seasoning House“ vor gut zwei Jahren auf dem Fright Fest in Glasgow gesehen. Kurz darauf nahmen sie Kontakt zu mir auf, erzählten mir, wie sehr ihnen der Film gefallen hat und stellten mir ein Projekt vor, was sie in der Pipeline hatten. Ich ließ mich darauf ein und guckte mir das Skript an. Schnell dachte ich mir: „Ein Werwolf-Film wäre nicht schlecht. Nach den brutalen Tätern beim letzten Film hätten wir hier eine andere Art von Monstern.“ Als ich dann das ganze Drehbuch durch hatte, wusste ich, dass mir die Arbeit an dem Projekt gefallen würde. Kurz danach traf ich mich noch einmal mit den Produzenten, wir sprachen über unsere Vorstellungen. Zunächst war der Ansatz noch etwas lustiger und hatte One-Liner und ähnliches. Wir einigten uns darauf, ein wenig düstere Ironie beizubehalten, aber grundsätzlich den Ton etwas realistischer zu gestalten. Die beiden hatten das Buch wohl schon einige Male umgestalten lassen und waren scheinbar ziemlich glücklich, dass sich meine Idee mit ihrer vereinbaren ließ.
LWR: Kannst du uns kurz den Film in deinen Worten erklären?
Paul Hyett: Wir haben einen Haufen von Leuten, die mit dem letzten Zug von der Waterloo Station nach Hause fahren wollen. Mitten im Nirgendwo rammen sie dann ein unbekanntes Etwas und bleiben mit dem Zug liegen. Die Geschichte wird aus der Sicht von Fahrkartenkontrolleur Joe (Anm. der Red.: gespielt von Ed Speelers) erzählt. Joe ist ein eher ruhiger, nicht gerade geselliger Typ, der von den meisten ignoriert wird und selbst noch keinen großen Plan hat, was er mit seinem Leben anfangen soll. Als der Zug den Unfall hat und der Zugführer verschwindet, rückt er auf einmal ins Zentrum des Interesses und muss die Mischung von Zorn und Furcht der Gäste aushalten. So wird es zu seiner Aufgabe, die Leute zu beruhigen und den Überblick und die Ruhe zu behalten. Als dann etwas von außerhalb den Zug angreift, bricht die Panik aus. Für mich war die reine Werwolf-Thematik weniger spannend, als das Verhalten dieser extrem verschiedenen Charaktere, die mit der Bedrohung umgehen müssen.
LWR: Kam es auch daher, dass deine Werwölfe nicht wirklich „klassisch“ sind?
Paul Hyett: Ich wollte in dem Film nicht in die „Werwolf-Mythologie“ eintauchen, weil sich die Handlung dann schnell nur noch um Vollmond, Silberkugeln etc. dreht. Ich wollte auch da – im Rahmen der Möglichkeiten – eher auf einer realistischen Ebene bleiben. So ist bei uns die Verwandlung eher ein evolutionärer Vorgang, ohne jetzt zu viel zu verraten. Wir haben hier ein Subgenre, wo schon sehr viel probiert wurde und wir jetzt unseren eigenen Ansatz gewählt haben.
LWR: Du hast hier einen sehr breit gefächerten Cast mit Rosie Day und Sean Pertwee, die mit dir schon „The Seasoning House“ gemacht hatten, Shauna Macdonald, Ed Speelers und einigen anderen. War es schwierig, einen so prominenten Cast für den Film zu bekommen?
Paul Hyett: Nein, überhaupt nicht. Ich habe ja mit fast allen in irgendeiner Funktion schon einmal gearbeitet. Ich bin einfach auf die meisten zugegangen und hab ihnen gesagt: „Hey, ich hab hier ein cooles Skript und denke, dass du in dieser und jener Rolle klasse wärst.“ Die meisten haben dann recht schnell zugesagt. Sean Pertwee war sogar dabei, obwohl er schon einen Tag nach Ende seiner Rolle in den Flieger steigen musste, da er in den USA „Gotham“ gedreht hat.
LWR: Wie war die Arbeit an diesem engen, beinahe klaustrophobischen Set?
Paul Hyett: Es war sehr spannend, da wir neun vollkommen verschiedene, stark geschriebene Charaktere hatten und jeder Darsteller noch Input zu seinen Figuren gebracht hat. Es war also ein auf positive Art diskussionsbereites, sehr produktives Miteinander. Wir haben ja nicht in einem richtigen Zug gedreht, sondern in einem alten Lagerhaus unser Set mit Zug und Wald aufgebaut. Das hat im Voraus ein wenig Zeit in Anspruch genommen, hat sich aber hinterher ausgezahlt.
LWR: Ein nicht untypische Frage im Horror- und auch im Werwolf-Genre: Auf wie viel Blut dürfen sich die Fans einstellen?
Paul Hyett: „Howl“ ist sicherlich kein Splatterfest, aber einen derartigen Film ohne ein gewisses Maß an roter Farbe zu machen, wäre dann auch nicht mein Fall gewesen. Wenn es passt, wird es schon durchaus blutig. Der Gore steht hier nicht im Vordergrund, da er auch manchmal der Spannung etwas entgegen stehen kann. Diejenigen, die Spaß daran haben, werden aber auf ihre Kosten kommen.
Quelle: Capelight Pictures, Leinwandreporter TV, YouTube