Inhalt: Ben (Viggo Mortensen, „Die zwei Gesichter des Januars“) und seine Frau Leslie (Trin Miller) haben die Lust an der modernen Gesellschaft verloren. Deswegen haben sie vor zehn Jahren ein Stück Land mitten im Wald gekauft und leben dort mit ihren sechs Kindern. Die beiden Eltern bilden ihre Kinder aus und sorgen dafür, dass sie sowohl humanistische Bildung erhalten, als auch alleine im Wald überleben können. Doch ihr kleiner Mikrokosmos bricht zusammen, als Leslie wegen einer bipolaren Störung in eine Klinik eingeliefert wird und sich dort an einem besonders schlimmen Tag das Leben nimmt. Für Schwiegervater Jack (Frank Langella, „Robot & Frank“) ist klar, dass Ben und seine alternative Lebensgestaltung der Grund für den Tod seiner Tochter sind. Er droht, Ben auf das Sorgerecht zu verklagen, falls dieser bei der Beerdigung erscheint. Dennoch macht sich der Einsiedler mit seinem Nachwuchs auf den Weg quer durchs Land, um seiner Frau die Beerdigung zu ermöglichen, die diese gewollt hätte. Auf der Straße lernen die hoch gebildeten, aber scheuen Kinder das Leben durchschnittlicher Leute kennen, was einigen von ihnen mehr als gut gefällt. Kann Ben seine Familie zusammenhalten?
Kritik: Die meisten Kino-Gänger dürften Matt Ross bislang nur als Schauspieler kennen. Vor allem sein Part als Luis Carruthers, dem homosexuellen Arbeitskollegen von Serienmörder Patrick Bateman (Christian Bale) in dem Kultfilm „American Psycho“, sollte den meisten im Gedächtnis geblieben sein. Doch auch hinter der Kamera kann Ross einiges, wie er hier zeigt. Nach einem selbst verfassten Drehbuch erzählt er eine berührende Geschichte, die unaufdringlich, aber nie unkritisch von einem anderen Blick auf die Welt erzählt. Natürlich dürften bei vielen Erinnerungen an „Little Miss Sunshine“ wach werden, was an sich aber natürlich nichts Schlechtes ist. Dazu kommt, dass „Captain Fantastic“ ebenso individuell wie seine Figuren ist. Wenn es ein Film schafft, im einen Moment urkomisch, direkt danach tieftraurig und dann wieder smart zu sein und dabei immer so aufrichtig und glaubhaft bleibt, ist das außergewöhnlich. Da sind die kleineren Durchhänger, die sich der Film stellenweise erlaubt, leicht zu verzeihen.
Besonders stark wird es, wenn Ross die verschiedenen Weltanschauungen aufeinander prallen lässt. Ein gemeinsames Abendessen mit Bens Schwester (Kathryn Hahn) und ihrer Familie ist da ein exzellentes Beispiel. Während sie versucht, ihre Kinder vor Schimpfwörten und unbequemen Themen zu schützen, plaudert er offen über den Tod seiner Frau. Diese Szene zeigt geschickt, wie an beiden Seiten Grenzen zu ziehen sind. In einer anderen Sequenz wandeln sich die unbeholfenen Flirt-Versuche von Bens ältestem Sohn Bo (George MacKay) von amüsant zu unangenehm. Eine ganz klare Stärke des Filmes ist die erstklassige Besetzung. Wie gut der aktuell eher selten aktive Viggo Mortensen sein kann, hat er schon öfters bewiesen. Hier entpuppt er sich als Idealbesetzung für den Vater mit der alternativen Lebensanschauung. Dabei agiert er dermaßen vielseitig, dass er zu einem ernsthaften Oscar-Kandidaten werden könnte. Auch die sechs Jungdarsteller liefern durchweg bestechende Performances in anspruchsvollen Parts. Der von Frank Langella verkörperte Schwiegervater Jack ist ein weiterer Beweis für die Stärken des Drehbuchs. Wirkt er am Anfang wie der verständnislose Gegenspieler, der keinen Respekt für die Lebensweise seiner Tochter hat, entpuppt auch er sich als nuancierter Charakter.
„Captain Fantastic – Einmal Wildnis und zurück“ ist eine kleine Indie-Perle, die erstaunlich viel richtig macht. Matt Ross zeigt einen absolut geradlinigen und cleveren Film, der neben seiner Fähigkeit, den Zuschauer zum lachen und weinen zu bringen, auch einige interessante Denkanstöße mitbringt.
4 von 5 Punkten
Quelle: Universum Film, Leinwandreporter TV, YouTube
Captain Fantastic – Einmal Wildnis und zurück
Originaltitel: | Captain Fantastic |
Regie: | Matt Ross |
Darsteller: | Viggo Mortensen, Frank Langella, George Mackay |
Genre: | Drama, Komödie |
Produktionsland/-jahr: | USA, 2016 |
Verleih: | Universum Film |
Länge: 118 Minuten | FSK: ab 12 Jahren |
Kinostart: | 18.08.2016 |