Inhalt: Mit 20 Jahren bricht für Sonia (Svenja Jung) eine neue Phase in ihrem Leben an. Sie beginnt ein Mathe-Studium in Berlin, wohnt erstmals alleine und möchte so richtig die Tage genießen. Schnell lernt sie ein paar nette Leute kennen und hat auch schon bald mit dem charmanten, aber nur begrenzt lebenstüchtigen Ladja (Mateusz Dopieralski, „Die Kleinen und die Bösen“) einen festen Freund. Da sie alleine den Wohnung bezahlen muss und auch ansonsten der Lebensstandard mit zahlreichen Partys erst einmal finanziert werden möchte, steht sie bald vor argen Problemen. Der Tipp eines Kumpels macht sie neugierig, weswegen sie anfängt, Webcam-Sex anzubieten. Dort fällt ihr auf, wie leicht ihr die Arbeit fällt. Aus diesem Grund wagt sie den Schritt in die Prostitution. Die finanziellen Probleme gehören augenblicklich der Vergangenheit an. Auch die Kolleginnen hinterlassen bei ihr einen ausgesprochen netten Eindruck. Doch das Doppelleben fordert seinen Tribut. Es kommt immer wieder vor, dass sich ein schwarzes Schaf unter ihre Kunden mischt. Daneben wird es immer schwerer, Studium und Freund strikt von ihrer Arbeit – bei der sie das Pseudonym Mascha trägt – zu trennen. Das Desaster scheint nur eine Frage der Zeit zu sein.
Kritik: Das gleichnamige, autobiographische Buch von Sonia Rossi entwickelte sich zum Überraschungs-Hit. Nun folgte die Spielfilm-Adaption von Florian Gottschick, der auch das Drehbuch verfasst hat. Herausgekommen ist ein stimmungsvoller Berlin-Film, dessen ehrliche und unverklemmte Erzählweise darüber hinwegsehen lässt, dass manche Stellen doch ein wenig hausbacken wirken. Der Film nimmt den Zuschauer auf eine Reise durch den Lebensabschnitt der Protagonistin und schafft es, den Weg nachvollziehbar zu zeichnen, ohne dabei belehrend oder beschönigend zu wirken. Es wird klar, wie und weshalb die intelligente, aber stellenweise etwas naive Hauptfigur in die Prostitution gekommen ist und wie enthemmend so manche Aussicht wirken kann. Es zahlt sich natürlich aus, dass die Roman-Autorin ihre Erfahrungen aus erster Hand teilt. So werden Prostituierte und Freier nicht dämonisiert. An manchen Stellen gibt es regelrecht amüsante Sequenzen wie eine Szene, in der Sonia ein deftiges Essen genießt, während ein älterer Herr Fotos von ihrem nackten Unterkörper schießt. In anderen Momenten wird es für die Protagonistin und den Zuschauer regelrecht beklemmend.
In den Szenen abseits des Geschehens im Bordell darf der Zuschauer in das ganz normale Leben einer Studentin eintauchen. Die lebenslustige Sonia genießt ihre Freiheiten, büffelt für die Klausuren und durchlebt Höhen und Tiefen mit ihrem Freund Ladja. Hauptdarstellerin Svenja Jung entpuppt sich als echter Volltreffer. Mit einer emotional wie körperlich unverkrampften und freizügigen Darstellung gibt sie der anspruchsvollen Figur eine extreme Glaubwürdigkeit und Nahbarkeit, was der Erzählung natürlich sehr hilft. Auch Mateusz Dopieralski punktet als sympathischer, aber fauler Ladja mit einer sehr natürlichen Performance. Christoph Letkowski („Mängelexemplar“) reiht sich als verheirateter Barkeeper, der sich in Sonia verguckt, nahtlos ein. Es gibt zwar ein paar kleinere Rollen, wo die Darsteller etwas abfallen. Das sorgt aber nur bedingt für einen Abbruch in dieser mutigen Geschichte. Irgendwo fehlt aber der letzte Kick, um den Film nach eindrucksvoller zu machen. So rutscht das ein oder andere Klischee in die Handlung, das absolut verzichtbar gewesen wäre.
Dennoch ist „Fucking Berlin“ ein schön erzählter Coming of Age-Film, der sich fernab von Voyeurismus und Moralpredigt ansprechend und durchaus unterhaltsam mit einem Tabu-Thema auseinandersetzt und so – auch wegen einer exzellenten Hauptdarstellerin – sehr positiv im Gedächtnis bleibt.
Der Film ist ab dem 06.10.2016 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
3,5 von 5 Punkten
Bild: Schärfe und Darstellung von Details sind in den Close Ups wirklich gut. Bilder aus etwas weiterer Entfernung sind dagegen stellenweise ein wenig zu weich ausgefallen. Die Farbpalette wirkt durchweg natürlich, hätte aber auch ein wenig kräftiger sein dürfen. Gerade in den dunkleren Party-Sequenzen kommen die ordentlich eingestellten Kontraste und der gute Schwarzwert zur Geltung. Dazu ist das Bild durchweg ziemlich ruhig und sauber.
4 von 5 Punkten
Ton: Die Dolby Digital 5.1-Tonspur ist verlustlos und erfüllt somit die Erwartungen. Die Dialoge sind immer gut zu verstehen und werden klar priorisiert. Beim starken Soundtrack gibt es reichlich Aktivität auf den äußeren Boxen. Dazu kommen noch ein paar gute Bässe. Auch die Party-Szenen liefern einen recht dynamischen, räumlichen Klang. Natürlich merkt man noch den Unterschied zu einer HD-Tonspur. Im Rahmen der technischen Möglichkeiten wird hier aber in jedem Fall ein schönes Ergebnis geliefert.
4 von 5 Punkten
Extras: Ein paar entfernte Szenen (6 Minuten) und Musikvideos (11 Minuten) komplettieren mit ein paar Trailern die DVD.
2 von 5 Punkten
Gesamt: 3,5 von 5 Punkten
Quelle: Eurovideo, Leinwandreporter TV, YouTube
Fucking Berlin
Originaltitel: | Fucking Berlin |
Regie: | Florian Gottschick |
Darsteller: | Svenja Jung, Mateusz Dopieralski, Christoph Letkowski |
Genre: | Drama |
Produktionsland/-jahr: | Deutschland, 2016 |
Verleih: | EuroVideo |
Länge: | 96 Minuten |
FSK: | ab 16 Jahren |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von EuroVideo