Inhalt: In den 80er-Jahren war Herbert (Peter Kurth, „Die Kleinen und die Bösen“) ein großes Boxtalent. Er wurde sogar Regionalmeister und verpasste nur um Haaresbreite die olympischen Spiele. Nachdem er einige Zeit im Gefängnis verbringen musste, war eine klassische Karriere natürlich vom Tisch. Inzwischen gehört sein Training mit dem begabten Eddy (Edin Hasanovic) zu seinen liebsten Beschäftigungen. Geld verdient er als Türsteher oder auch als Schuldeneintreiber für einen Kredit-Hai (Udo Kroschwald). Seine gutmütige Freundin Marlene (Lina Wendel) hat es sicher nicht leicht mit dem harten Kerl, steht ihm aber loyal zur Seite. Doch immer häufiger merkt Herbert, dass irgendetwas mit ihm nicht stimmt. Er hat Schwächeanfälle, bekommt starke Krämpfe und hat unkontrollierte Muskelzuckungen. Erst nach einem Zusammenbruch geht er zum Arzt. Der konfrontiert ihn mit der Horror-Diagnose ALS, einer schnell fortschreitenden Krankheit, bei der die Muskeln immer mehr ihren Dienst versagen. Da eine Heilung nicht möglich und der Tod unvermeidlich ist, möchte Herbert seine verbliebene Zeit dafür nutzen, sich mit seiner Tochter Sandra (Lena Lauzemis) zu versöhnen. Diese hat aber zunächst nur wenig Interesse, ihren kranken Vater wieder in ihr Leben zu lassen.
Kritik: Dieses Drama ist der zweite Langfilm des jungen Leipziger Regisseurs Thomas Stuber und wurde unter anderem beim diesjährigen deutschen Filmpreis prämiert. In dieser Mischung aus Milieu- und Charakterstudie wird genauer auf eine immer noch recht unbekannte Krankheit und ihre fatalen Folgen eingegangen. Das Publikum lernt den grobschlächtigen Titelhelden kennen, der das Herz zwar am richtigen Fleck hat, aber dennoch Gewalt für die Lösung von Konfrontationen wählt. Von ersten kleineren Problemen bis hin zur kompletten Hilflosigkeit folgt der Film dem körperlichen Niedergang seiner Hauptfigur. Mit einer stellenweise quälenden Ruhe erzählt „Herbert“ seine Geschichte und verzichtet dabei fast gänzlich auf Melodramatik. Die Momente, in denen Stuber von dieser sehr sachlichen Herangehensweise abweicht, gehören auch direkt zu den schwächeren Teilen des Films. Obwohl dem Drama insgesamt ein wenig der reine Unterhaltungswert abgeht, entwickelt sich ein absolut packender Blick auf eine Person, die vor dem Ende mit sich selbst und der Welt ins Reine kommen möchte. Dabei kommt es immer wieder zu kleineren und auch größeren Gewalt-Eruptionen.
Das Herzstück des Films ist natürlich die Darbietung von Hauptdarsteller Peter Kurth, der sich mit einer harten Diät und Boxtraining zu einer beeindruckenden Physis gebracht hat. Schon rein optisch wird der Protagonist so zu einem Kerl, mit dem man sich nicht anlegen will. Das macht es natürlich noch einmal eindringlicher, dabei zuzusehen, wie sein Körper immer mehr die Nutzbarkeit verweigert. Auch die einsetzenden Sprachprobleme spielt Kurth extrem authentisch. Natürlich kommt einem im Zusammenhang mit der Krankheit schnell der Oscar-prämierte Auftritt von Eddie Redmayne aus „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ in den Kopf. Selbst diesen Vergleich muss Peter Kurth nicht scheuen. Lina Wendel schafft es als liebevolle Marlene, die Herbert schon gerne etwas zu viel durchgehen lässt, mit einer einfühlsamen Darstellung zu berühren. Edin Hasanovic darf als aufsteigendes Boxtalent Eddie das Kontrastprogramm zum Protagonisten spielen. Während sich Herbert aus dem Leben verabschiedet und alles dafür tut, seine Fehler der Vergangenheit auszubügeln, steigt sein sportlicher Zögling die Karriereleiter hoch.
Auf den ersten Blick kommt „Herbert“ als kleines, unscheinbares Drama um einen schwer kranken Unterschichtler daher. Mit dem Verlauf der Geschichte entwickelt sich eine wuchtige Tragödie, die auch wegen dem herausragenden Auftritt von Peter Kurth eindrucksvoll wird.
Der Film ist ab dem 07.10.2016 auf DVD erhältlich.
4 von 5 Punkten
Bild: Schärfe und Detaildarstellung sind durchgängig ziemlich solide, ohne dabei Spitzenwerte zu erreichen. Die Farben sind eher blass ausgefallen, wirken dabei aber immer natürlich. Der Schwarzwert und die Kontraste sind ebenfalls ordentlich eingestellt, hätten aber auch noch ein wenig satter sein können. Erwähnenswerte Unruhen waren nicht zu erkennen.
3,5 von 5 Punkten
Ton: Die Dolby Digital 5.1-Tonspur ist verlustlos, bietet aber aufgrund des Themas natürlich kein Effektgewitter. Im Zentrum steht die Verständlichkeit der Dialoge, die problemlos geliefert wird. Es gibt nur vereinzelt räumlichen Klang. Beispielsweise wenn Eddy im Ring steht sind auf den äußeren Boxen ein paar Hintergrundgeräusche zu vernehmen. Auch beim Score kommen hier und da einige dynamische Klänge, die nicht nur aus dem Center stammen.
3,5 von 5 Punkten
Extras: Es gibt nur ein paar ordentliche Interviews (14 Minuten) die neben einigen Trailern als Bonus auf der DVD zu finden sind.
2 von 5 Punkten
Gesamt: 3,5 von 5 Punkten
Quelle: Wild Bunch Germany, Leinwandreporter TV, YouTube
Herbert
Originaltitel: | Herbert |
Regie: | Thomas Stuber |
Darsteller: | Peter Kurth, Lina Wendel, Lena Lauzemis |
Genre: | Drama |
Produktionsland/-jahr: | Deutschland, 2015 |
Verleih: | Wild Bunch Germany |
Länge: | 105 Minuten |
FSK: | ab 12 Jahren |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von Wild Bunch Germany