Inhalt: Die alleinerziehende Mutter und Krankenpflegerin Pauline (Émilie Dequenne, „Die Möbius-Affäre“) ist bei Nachbarn, Familie und Patienten mehr als beliebt. Hingebungsvoll und dabei stets charmant und freundlich erledigt sie auch unter dem größten Stress klaglos ihre Aufgaben. Das entgeht auch dem örtlichen Arzt Dr. Berthier (André Dussollier, „Gemeinsam wohnt man besser“) nicht, der ein äußerst aktives Mitglied einer nationalistischen Partei ist, deren Beliebtheit aktuell schnell wächst. Nach einiger Überredungskunst gelingt es ihm, sie davon zu überzeugen, bei den kommenden Bürgermeisterwahlen zu kandidieren. Sie ist zwar nicht wirklich davon begeistert, für eine Partei aus dem rechten Spektrum Politik zu machen, doch die Möglichkeit, wirklich etwas bewegen zu können, begeistert Pauline. Als sich dann auch noch die verrufene Parteichefin Agnès Dorgelle (Catherine Jacob) als sehr nett und nahbar zeigt, steigt sie in den Wahlkampf ein. Doch bald tun sich die ersten Schwierigkeiten auf: Ihr neuer Freund Stanko (Guillaume Gouix, „The Returned“) soll aufgrund einer düsteren Vergangenheit abserviert werden, Freunde wenden sich von ihr ab und einige Patienten weigern sich, weiter von ihr behandelt zu werden. Dennoch möchte sie ihre große Chance wahrnehmen. Doch als die ersten Wahlkampfauftritte laufen, wachsen in ihr ernste Zweifel, wie viel Mitspracherecht sie im Amt tatsächlich hätte.
Kritik: Auch Filmemacher sind nur Menschen. Da ist es klar, dass sich auch der preisgekrönte Regisseur und Schauspieler Lucas Belvaux von der aktuellen politischen Lage inspirieren lassen hat, das satirische Drama „Das ist unser Land!“ zu drehen. In Frankreich hat sich mittlerweile ergeben, dass die rechtspopulistische Front National – die hiermit verändertem Namen thematisiert wird – die Wahl verloren hat. Dennoch ist die Thematik natürlich brandaktuell. Doch eine wichtige und gut gemeinte filmische Aussage zu einem politischen Thema abzugeben, ist nicht immer gleichbedeutend mit einem gelungenen Film. Ein warnendes Beispiel gab da zuletzt die deutsche Komödie „Willkommen bei den Hartmanns“ ab, die außer Debatten auf Facebook-Niveau und altbackenem Humor nicht viel zu bieten hatte.
Sehr viel ernster, aber auch treffsicherer taucht dieser Film in seine Problematik ein. So schaukeln sich falsch verstandene Hilfsbereitschaft, alltäglicher Rassismus beim Nachbarschafts-Grillen und auf dem Papier reizvolle Versprechen soweit auf, dass eine bodenständige, wahrlich keineswegs politisch extreme Frau mitten in die Maschinerie einer nationalistischen Partei gerät. Mit einem gewissen Maß an Augenzwinkern, aber auch sehr ernsten Momenten zeichnet Belvaux ein durchaus beklemmendes Bild einer Gesellschaft, die einfache Feindbilder, günstige Rhetorik und ein gemeinsames Ziel wirklich reflektierten Gedanken unterordnet. Gerade der gemeinsame Vortrag der (bekanntlich martialischen) französischen Nationalhymne bekommt hier einen durchaus sauren Beigeschmack. Der eher nüchterne und nur teilweise überspitzte Ansatz wird auch von sachlichen, angemessenen Darsteller-Auftritten getragen.
Émilie Dequenne gelingt es mit grundsympathischem, glaubwürdigen Spiel dem Zuschauer noch offensichtlicher zu machen, wie dünn manchmal die Grenze zum Extremismus ist. Guillaume Gouix spielt doppelbödig genug, um als netter, neuer Freund von Pauline zu funktionieren, aber auch immer mysteriös und irgendwo bedrohlich zu wirken. Catherine Jacob gibt die – optisch äußerst ähnliche – Variation von Marine LePen, der sie die nötige Präsenz und die passenden Manierismen verleiht.
Wer sich auf einen schrillen Politzirkus gefreut hat, wird bei „Das ist unser Land!“ eher nicht fündig. Lucas Belvaux entscheidet sich für einen Ansatz, der ebenso naturalistisch wie entlarvend ist. Auf diese Art entwickelt sich ein Film, der sich mit Biss und Cleverness mit aktuellen Gegebenheiten auseinandersetzt und dem Zuschauer den einen oder anderen Gedankenanstoß mit auf den Weg gibt.
4 von 5 Punkten
Quelle: Alamode Film, YouTube
Originaltitel: | Chez Nous |
Regie: | Lucas Belvaux |
Darsteller: | Émilie Dequenne, André Dussollier, Guillaume Gouix |
Genre: | Satire, Drama |
Produktionsland/-jahr: | Frankreich, 2017 |
Verleih: | Alamode Film |
Länge: 117 Minuten | FSK: ab 12 Jahren |
Kinostart: | 24.08.2017 |
Homepage: | Das ist unser Land! |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von Alamode Film
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 22.08.2017
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