Inhalt: Özge (Violetta Schurawlow, „Honig im Kopf“) ist keine Frau der großen Worte. Sie ist alleinstehend, fährt in ihrer Heimatstadt Wien Taxi und lässt beim Thaiboxen Dampf ab. Eines Abends wird sie beim Blick aus dem Fenster Zeugin eines brutalen Mordes. Sie ist sich absolut sicher, dass der Täter (Sammy Sheik, „American Sniper“) sie auch gesehen hat, weswegen sie die Polizei darum bittet, versteckt zu werden. Als der zynische Ermittler Steiner (Tobias Moretti, „Das Wochenende“) ihr die Hilfe verweigert, verlässt sie auf eigene Faust die Wohnung. Wenig später wird Özges Cousine und enge Freundin Ranya (Verena Altenberger) ermordet, als sie Özge besuchen will. Von nun an steht ihr der schuldbewusste Steiner zur Seite. Gemeinsam setzen sie alles daran, den Killer unschädlich zu machen. Dabei entdecken sie ein erschreckendes Muster.
Kritik: Der Wiener Filmemacher Stefan Ruzowitzky wurde dem deutschen Publikum mit dem intensiven Thriller „Anatomie“ im Jahr 2000 bekannt. Seinen größten Erfolg feierte er im Jahr 2008, als sein Kriegsdrama „Die Fälscher“ mit dem Fremdsprachen-Oscar gekrönt wurde. Nachdem er im Jahr 2012 mit dem durchaus sehenswerten „Cold Blood“ ein ordentliches Hollywood-Debüt absolviert hatte, kehrt er für einen weiteren Genre-Beitrag in seine Heimat zurück. Auch hier zeigt Ruzowitzky, dass er ein deutlich überdurchschnittlicher Regisseur ist. Düster und mit enormem Stil-Bewusstsein führt er in eine radikale Mörderjagd ein, die stellenweise wirklich unter die Haut geht. Auch wenn der Film gerne einmal ein wenig überdreht, entsteht einer der atmosphärisch dichtesten Thriller aus dem deutschsprachigen Raum seit längerer Zeit. Ausgesprochen spannend und direkt entwickelt sich ein Plot, der in knackigen 90 Minuten Spielzeit nahezu ohne Verschnitt auskommt.
Vergleichbare „Alltagsperson muss sich Dämonen stellen“-Plots leiden öfters darunter, dass die Wandlung der Hauptfigur nicht wirklich glaubwürdig erscheint. Hier wurde direkt auf mehrere Arten vorgesorgt. Hintergrundgeschichte und soziales Umfeld machen es absolut nachvollziehbar, wie Özge zu der wortkargen Kampfsportlerin werden konnte, die trotz dezenter Körpermaße auch Männer verprügeln kann. Violetta Schurawlow entpuppt sich hierbei als erstklassige Wahl. Mit rauem Charme und starker Leinwand-Präsenz verkörpert sie eine starke Hauptfigur und empfiehlt sich allgemein für höhere Aufgaben. Tobias Moretti spielt seinen unterhaltsamsten Part seit langem. In der Rolle des derben, leicht rassistischen und immer in breitem Wiener Schmäh nörgelnden Ermittler ist er eine absolute Wucht und gibt auch ein gutes Gegenstück zu der stillen Özge. Wunderbar gegen den Strich wurde Friedrich von Thun besetzt. Als dementer, aber auf seine Art liebenswerter Vater von Steiner nutzt er wirklich jeden Moment seines Auftrittes voll aus. Gegen die drei fällt Sammy Sheik fast ein wenig ab, was aber mehr an seiner eindimensionalen Zeichnung liegt.
Mit „Die Hölle – Inferno“ zeigt sich Stefan Ruzowitzky mal wieder als ausgesprochen interessanter und ambitionierter Filmemacher. Da ist es fast egal, dass die Geschichte nicht unbedingt innovativ ist. Hier gibt es durchweg spannende, fesselnde Thriller-Unterhaltung, die außerdem mit starken Bildern und überzeugenden Darstellern punktet und sich nicht nur wegen eines hohen Gewaltgehalts konsequent an ein erwachsenes Publikum richtet.
4 von 5 Punkten
Quelle: Splendid Film, Leinwandreporter TV, YouTube
Originaltitel: | Die Hölle |
Regie: | Stefan Ruzowitzky |
Darsteller: | Violetta Schurawlow, Tobias Moretti, Sammy Sheik, Friedrich von Thun |
Genre: | Thriller |
Produktionsland/-jahr: | Österreich, 2016 |
Verleih: | Splendid Film |
Länge: 90 Minuten | FSK: noch unbekannt |
Kinostart: | 19.01.2017 |
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