Inhalt: Vor 20 Jahren hatten Sophie (Frida-Lovisa Hamann) und ihre große Schwester Jessica (Friederike Becht, „Hannah Arendt“) ihre Eltern bei einem brutalen Überfall verloren. Seitdem leben die beiden zusammen. Während Sophie ein ziemlich normales Leben führt und erfolgreich als Pianistin arbeitet, hat Jessica mit schwerer Paranoia und Verlustängsten zu kämpfen. Durch ihre einengenden Ängste schnürt sie Sophie regelrecht ein. Die Situation wird schlimmer, als die Täter von damals aus dem Gefängnis entlassen werden. Jessica rastet komplett aus, was in einem tragischen Unfall gipfelt. Fortan verwandelt sich das Leben von Sophie – die gerade erst ihren Traumjob angenommen und sich in den netten Arzt Martin (Christoph Letkowski, „Fucking Berlin“) verguckt hat – in einen absoluten Albtraum.
Kritik: Mit seinem Debütfilm „Bis aufs Blut – Brüder auf Bewährung“ im Jahr 2010 sorgte Regisseur und Autor Oliver Kienle durchaus für Aufsehen. So wurde sein Film gleich mit drei Auszeichnungen beim renommierten Max Ophüls-Preis geehrt. Nun hat er mit „Die Vierhändige“ einen Psychothriller gedreht, der bei seinem Debüt auf dem Filmfestival München bereits sehr positiv aufgenommen. Tatsächlich zeigt sich sein neuer Film als stilsicher inszenierter Genre-Beitrag, der seine durchaus vorhandenen Probleme mit klugen Ideen und Wendungen auffangen kann. Natürlich ist der Einfall, eine mysteriöse Geschichte rund um zwei eng verbandelte, aber grundverschiedene Schwestern aufzubauen, nicht komplett neu. Hier werden aber genügend eigene Bestandteile gefunden, um dem Film eine wirkliche Identität zu geben.
In kühler Atmosphäre, die nicht nur wegen dem Klassik-Score eine spürbare Eleganz hat, gestaltet Kienle ein kontrolliertes Chaos, das für den Zuschauer zeitweise genau so unübersichtlich wie für Protagonistin Sophie ist. Dabei gelingt es, die Teile der Geschichte im Verlauf zu einem funktionierenden Ganzen zusammenzusetzen und dabei Spannung und Unterhaltungswert nicht aus den Augen zu verlieren. Leider gelingt es dabei nicht immer, auf übliche Klischees zu verzichten. Mit der hauptsächlich als Theaterschauspielerin bekannten Frida-Lovisa Hamann wurde ein unverbrauchtes Gesicht gefunden, von dem die Zuschauer hoffentlich bald mehr sehen dürfen. Mit einer intensiven, sehr präsenten Darbietung ist sie ganz klar das Herz der Geschichte. Auch Friederike Becht, die die psychotische, unberechenbare Jessica gibt, zeigt einen guten Auftritt.
Christoph Letkowski spielt einen sympathischen Part als hilfsbereiter Arzt und Love Interest Martin. Hier ist es aber sehr amüsant, dass sich sein Charakter selbst über das – auch nach wirklich verstörenden Episoden mit Sophie – ungebrochene Interesse an seiner neuen Flamme lustig macht. So gelingt es, einen nicht ganz glaubwürdigen Handlungspunkt souverän in die Geschichte einzuarbeiten. Detlef Bothe („Operation Anthropoid“) gibt einen sparsam eingesetzten, aber ziemlich effektiven Gegenspieler. Da fallen ein paar Nebendarsteller etwas ab, die einen ziemlich hölzernen Zeilenvortrag liefern, der das Gesamtbild etwas stört.
Auch wenn es ein paar Wermutstropfen während der 94 Minuten Spielzeit gibt, ist „Die Vierhändige“ zweifelsohne sehenswert. Oliver Kienle liefert einen stylisch-stimmungsvollen Thriller, der das Genre zwar nicht revolutioniert, aber als spannende und wendungsreiche Unterhaltung alle Erwartungen vollauf erfüllt.
3,5 von 5 Punkten
Quelle: Camino Filmverleih, Leinwandreporter TV, YouTube
Originaltitel: | Die Vierhändige |
Regie: | Oliver Kienle |
Darsteller: | Frida-Lovisa Hamann, Friederike Becht, Christoph Letkowski |
Genre: | Psychothriller, Drama |
Produktionsland/-jahr: | Deutschland, 2017 |
Verleih: | Camino Filmverleih |
Länge: 94 Minuten | FSK: ab 6 Jahren |
Kinostart: | 30.11.2017 |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite des Films
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 30.11.2017
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