Inhalt: Desmond Doss (Andrew Garfield, „Yorkshire Killer 1974“) stammt aus einer religiösen Familie, die aber durch den Vater Tom (Hugo Weaving, „The Mule“) – einen traumatisierten Kriegsveteran und Alkoholiker – immer wieder Gewaltausbrüche ertragen muss. Dennoch wächst Desmond zu einem höflichen, hilfsbereiten Kerl heran. Auch die süße Krankenschwester Dorothy (Teresa Palmer, „Lights Out“) kann dem eigenen Charme des jungen Mannes nicht widerstehen und verlobt sich mit ihm. Doch dann ändert sich alles, als die Japaner Pearl Harbour angreifen. Wie die meisten anderen Männer in seinem Alter verpflichtet sich Desmond zum Kriegsdienst. Er möchte vor Ort als Krankenpfleger zu helfen. Während seiner Grundausbildung staunen seine Vorgesetzten Sergeant Howell (Vince Vaughn, „Term Life – Mörderischer Wettlauf“) und Captain Glover (Sam Worthington, „The Keeping Room – Bis zu letzten Kugel“) nicht schlecht, als sich der schmächtige Junge weigert, eine Waffe anzufassen. Obwohl er bald in richtige Probleme kommt und von seinen Kameraden aufs Übelste gemobbt wird, bleibt er bei seinen Prinzipien. Tatsächlich setzt er sich durch und nimmt an der Schlacht von Okinawa teil. Dort zeigt er, was es benötigt, um auch ohne Gewalt zu Kriegsheld zu werden.
Kritik: Seit nun beinahe 40 Jahren ist Mel Gibson ein fester Bestandteil des internationalen Kinos. Figuren wie Mad Max oder Martin Riggs aus „Lethal Weapon“ sind uneingeschränkter Teil der modernen Popkultur. Doch auch hinter der Kamera war Gibson erfolgreich. Schon mit seinem zweiten Werk, dem Monumental-Epos „Braveheart“, strich er den „Bester Film“- und „Beste Regie“-Oscar ein. Nach der Jahrtausendwende legte er dann die durchaus heiß diskutierten „Die Passion Christi“ und „Apokalypto“ nach. Erst danach begann er, sich selbst abzuschaffen. Er zog sich für Jahre aus dem Filmgeschäft zurück und glänzte in der Öffentlichkeit nur noch mit Sexismus, Rassismus und religiösem Fanatismus. Nachdem er sich zuletzt wieder (für seine Verhältnisse) gemäßigt gezeigt und einige sehr brauchbare Auftritte vor der Kamera hingelegt hat, wurde der Kriegsfilm „Hacksaw Ridge“ seine erste Regie-Arbeit seit 2006. Basierend auf der wahren Geschichte von Desmond Doss, der als erster Nicht-Waffenträger mit der „Medal of Honor“ ausgezeichnet wurde, entsteht ein Film, der deutlich die Handschrift Gibsons trägt.
Das bedeutet auf der einen Seite, dass der Film deutlich religiös geprägt ist, über äußerst explizite Gewaltdarstellungen verfügt und teils gewaltig die Pathos-Keule schwingt. Genauso wird aber toll strukturiertes, erstklassiges Storytelling geboten. Zu Beginn erscheint „Hacksaw Ridge“ wie ein Heimatfilm. Der Zuschauer lernt den sympathisch-sonderbaren Desmond und seine Familie mit all ihren Sonnen- und Schattenseiten kennen. Dann erzählt der Film die liebenswerte Romanze zwischen Desmond und Dorothy, die wohl jeden Zuschauer zum Lächeln bringen dürfte. Der folgende Kampf vom Protagonisten während der Grundausbildung, seinen Wehrdienst ohne Waffe durchführen zu müssen, ist auf der einen Seite durchaus inspirierend, hat aber auch derb-amüsante Momente. In dieser Phase des Films überrascht Vince Vaughn, der in einem erstaunlich starken Auftritt als Ausbilder die Soldaten in bester „Full Metal Jacket“-Manier zusammen faltet. In dieser Phase zeigt sich aber auch schon, dass der religiöse Aspekt der Handlung weniger predigend erscheinen soll, sondern viel mehr der Glaubwürdigkeit der Hauptfigur gilt.
Sobald es dann in den Krieg geht, benötigt der Film die bereits angesprochene Brutalität, um einen noch extremeren Kontrast zum bisher Gezeigten zu bieten. Auf diese Art entwickelt sich ein ebenso verstörendes, wie beklemmendes Antikriegsszenario. Würden diese beiden ersten Akte nur für sich stehen, wäre Gibson äußerst nah daran, sich das Label „Meisterwerk“ zu verdienen. In der späten Phase, wenn Doss zeigt, was er für ein besonderer Kämpfer für sein Land ist, wird der Bogen dann etwas überspannt. So werden seine Taten so sehr von einem Bombast-Score und Zeitlupen unterstützt, dass der Film an der Kitsch-Grenze kratzt. Während der gesamten Spielzeit gelingt es Andrew Garfield auf seine unaufdringliche, bis unscheinbare Art, den Film zu tragen. In einer durchweg überzeugenden Besetzung sticht in den Nebenrollen außer Vaughn sicherlich noch Hugo Weaving heraus, der merklich Spaß hat, den cholerischen Alkoholiker-Vater zu spielen. Auch ansonsten wildert Gibson hauptsächlich in seiner Heimat. So sind beispielsweise mit Teresa Palmer, Rachel Griffiths („Blow“), Sam Worthington und Luke Bracey („Point Break“) gleich mehrere bekannte Namen des australischen Kinos zu sehen.
Natürlich hätte es dem Film nicht geschadet, gerade am Ende ein wenig mehr Sachlichkeit an den Tag zu legen. Das ist aber bei einem Mann wie Mel Gibson schwer vorstellbar und hätte sicherlich der emotional packenden Wirkung geschadet. So ist „Hacksaw Ridge – Die Entscheidung“ trotz der überzogenen Schlussphase wunderbar erzähltes Kino, mit dem sich eine kontroverse Persönlichkeit zurück unter den großen Filmemachern meldet.
4 von 5 Punkten
Quelle: Universum Film, Leinwandreporter TV, YouTube
Originaltitel: | Hacksaw Ridge |
Regie: | Mel Gibson |
Darsteller: | Andrew Garfield, Teresa Palmer, Sam Worthington, Vince Vaughn, Hugo Weaving, Luke Bracey, Rachel Griffiths |
Genre: | Drama, Kriegsfilm |
Produktionsland/-jahr: | USA, 2016 |
Verleih: | Universum Film |
Länge: 139 Minuten | FSK: ab 16 Jahren |
Kinostart: | 12.01.2017 |
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