Inhalt: Im Jahr 1948 schwappt die Missstimmung gegen Kommunisten von den USA nach Chile über. Da hilft es nicht, dass Dichter, Senator und Vorzeige-Kommunist Pablo Neruda (Luis Gnecco) den Präsidenten Videla (Alfredo Castro) als Verräter bezeichnet. Es dauert nicht lange, bis er seines Amtes enthoben wird und auch seine Verhaftung ist nach dem Verlust der Immunität nur eine Frage der Zeit. Deswegen entschließt sich Neruda, mit seiner Frau Delia (Mercedes Morán) unterzutauchen. Tatsächlich wird der Kommissar Peluchonneau (Gael García Bernal, „Mozart in the Jungle“) bald damit beauftragt, den Dichter zu finden und zu verhaften. Neruda lässt sich davon aber nicht einschüchtern und beginnt, Spuren zu legen, um den Polizist und somit das gesamte Staatsorgan vorzuführen. Die Flucht des beliebten Poeten führt bis in die Anden, wo Peluchonneau ihn endgültig stellen möchte.
Kritik: Seit einiger Zeit gilt Pablo Larraín (Jahrgang 1976) als neuer großer Mann des chilenischen Kinos. Einen großen Beitrag dazu leistete sein Film „No“, der 2013 für den Oscar als „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert wurde. Den internationalen Kinogängern dürfte er vor allem für sein US-Debüt „Jackie – Die First Lady“ bekannt sein, das bei den diesjährigen Oscars mit drei Nennungen unter den Nominierten vertreten war. Beinahe wäre er auch mit diesem Film auf der Veranstaltung vertreten gewesen, verpasste aber knapp den Einzug unter die letzten Fünf in der Fremdsprachen-Kategorie. Unabhängig davon liefert der Regisseur ein Biopic, das alles andere als konventionell ausgefallen ist. Pablo Neruda ist ein chilenische Institution, über die aber immer relativ wenig bekannt war. So erzählt der Film eine fiktive Geschichte, die sich während seiner realen Flucht abgespielt hat.
„Neruda“ wirkt wie eine Arbeit seines Protagonisten: Poetisch, philosophisch, melancholisch und humorvoll entfaltet sich ein Katz- und Mausspiel, das zwar keinesfalls ein hohes Tempo anschlägt, aber auf seine herrlich eigene Art fasziniert. Die tolle Ausstattung, die stimmige Atmosphäre und die zauberhaften Bilder lassen ganz beiläufig einen Neo Noir-Krimi wachsen. Wenn Kommissar Peluchonneau in klassischer Kluft durch den Gegend schlappt und aus dem Off das Geschehen kommentiert, würde sich wohl kaum jemand wundern, wenn plötzlich ein James Stewart oder Cary Grant um die Ecke kommt. Darüber hinaus setzt sich der Film auch mit der erstaunlichen Heldenverehrung auseinander, die Neruda zuteil wurde. Auch die Widersprüchlichkeit, einen philosophierenden Reichen zum musterhaften Kämpfer gegen die Unterdrückung zu (v)erklären, wird hier gut auf den Punkt gebracht.
Bei den Darstellern kann sich Larraín auf bekannte Größen aus „No“ verlassen. Luis Gnecco spielt den Titelhelden mit Intelligenz, verschmitztem Witz, auch ein wenig Arroganz und fast greifbarem Charisma. Gael García Bernal ist hier so eine Art Gegenentwurf zur Neruda. Verbissen, etwas vom Pech verfolgt und auch nicht mit dem Talent zu einer guten Entscheidungsfindung gesegnet, muss Peluchonneau immer wieder Rückschläge in seiner Arbeit verkraften. Es ist hier auch Bernals darstellerischer Klasse zu verdanken, dass diese Figur nie zur Witzfigur verkommt.
Mit „Neruda“ zeigt Pablo Larraín, dass er nicht nur in seinem Heimatland, sondern auch international eine echte Erscheinung des Arthaus-Kinos ist. Einfühlsam, originell und treffend setzt er sich mit einer besonderen Persönlichkeit auseinander und setzt diesem chilenischen Star so das angemessen unkonventionelle Denkmal.
Der Film ist ab dem 25.08.2017 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
4 von 5 Punkten
Bild: Der Film kommt in einem ganz eigenen Look, der den surrealen Touch der Geschichte noch etwas unterstreicht. Schärfe und Detaildarstellung sind auch in der SD-Fassung meist ziemlich ordentlich. Ein paar bewusst unscharfe Elemente bilden da natürlich die Ausnahme. Es sind vor allem die Farbfilter, die optisch vorherrschen. So kommen häufig kräftige Blau-, Rot- und Sepia-Töne zum Einsatz. Kontraste und Schwarzwert sind recht gut eingestellt worden. Dazu kommt, dass das Bild ziemlich sauber und ruhig erscheint.
4 von 5 Punkten
Ton: Der deutsche und der spanische Dolby Digital 5.1-Ton erreichen ein absolut zufriedenstellendes Niveau. Im Zentrum stehen klar die Dialoge, die immer gut verständlich wiedergegeben werden. Es gibt aber auch häufiger etwas Aktivität auf den äußeren Boxen, beispielsweise wenn Neruda auf Partys und in Bars unterwegs ist. Gerade in der Schlussphase tragen die gut abgemischten Hintergrundgeräusche zur Atmosphäre bei.
4 von 5 Punkten
Extras: Ein äußerst interessantes Making of (38 Minuten) ist neben ein paar Trailern als Bonus auf der DVD zu finden.
3 von 5 Punkten
Gesamt: 4 von 5 Punkten
Quelle: Piffl Medien, YouTube
Originaltitel: | Neruda |
Regie: | Pablo Larraín |
Darsteller: | Gael García Bernal, Luis Gnecco, Mercedes Morán |
Genre: | Drama, Biographie |
Produktionsland/-jahr: | Chile, 2016 |
Verleih: | Piffl Medien |
Länge: | 104 Minuten |
FSK: | ab 12 Jahren |
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 26.08.2017
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