Inhalt: Nachdem er seine Freunde bei einem Drogendeal übers Ohren gehauen hatte, musste Mark Renton (Ewan McGregor, „Son Of A Gun“) vor 20 Jahren das Land verlassen. Jetzt sieht er die Zeit gekommen, nach Edinburgh zurückzukehren. Dort trifft er Spud (Ewen Bremner, „Perfect Sense“) wieder, der sein Leben nie wirklich in den Griff bekommen hat und auch von seiner eigenen Familie nicht bekehrt wurde. Im Gegensatz zu Spud ist Sick Boy (Jonny Lee Miller, „Elementary“) weniger glücklich, seinen ehemals besten Kumpel wiederzusehen, der ihn damals so böse betrogen hat. Doch eine strahlende Geschäftsgelegenheit sorgt dafür, dass auch er bald wieder an einer Freundschaft mit Mark interessiert ist. Der einzige der damaligen Clique, dem wirklich keiner mehr begegnen will, ist Begbie (Robert Carlyle), der fast die kompletten 20 Jahre in Haft verbracht hat. Als der aus dem Gefängnis ausbricht und Rachepläne schmiedet, wird die Situation für Renton äußerst gefährlich.
Kritik: Wer über das britische Kino der 90er-Jahre nachdenkt, wird nur schwer an „Trainspotting – Neue Helden“ vorbei kommen. Das zornige, energetische und vor Ironie triefende Sozialdrama entwickelte sich im Jahr 1996 zu einem gigantischen Hit, der unter anderem für Regisseur Danny Boyle und Hauptdarsteller Ewan McGregor der Startschuss zu einer großen Hollywood-Karriere war. Obwohl Irvine Welsh, der Autor der Romanvorlage, bereits im Jahr 2002 sein Sequel nachlegte, dauerte es 15 weitere Jahre, bis Mark Renton und Co. auf die Leinwand zurückkehren konnten. Ein Grund für die lange Pause war sicherlich das Zerwürfnis zwischen Boyle und McGregor, das seinen Ursprung darin hatte, dass der Regisseur seinem Weggefährten die Hauptrolle in „The Beach“ nicht geben wollte. Inzwischen haben sich aber alle wieder lieb, was auch durchaus in diesem Film zu sehen ist. Die Heimkehr nach Edinburgh fühlt sich schnell an, als ob der Zuschauer gute Freunde von früher wieder trifft, mit denen man nach ein paar Minuten wieder warm ist.
Das liegt mit Sicherheit auch daran, dass sich der Film munter durch seine Vorlage zitiert. So entwickelt sich zumindest ein selbstreferenzieller, nostalgischer Trip, über den sich sogar die Figuren an einer Stelle lustig machen. Doch obwohl „T2“ ein wenig die rohe Urgewalt und die inhaltliche wie visuelle Verspieltheit des 96er-Films vermissen lässt, bietet auch die Fortsetzung großen Spaß, der zwischen verstörend und urkomisch wechselt und dabei fast immer den richtigen Ton trifft. Nachdem schon der erste Teil nicht mit Fäkal-Humor gegeizt hat, gibt es hier eine Szene mit Erbrochenem, bei der wohl jedem Zuschauer die Gesichtszüge entgleiten dürften. Daneben existieren aber auch Momente – von einer skurrilen, improvisierten Gesangseinlage, bis hin zu einem unverhofften Wiedersehen auf einem Männerklo – die sich wohl bei jedem positiv einprägen werden. Bei den Darstellern macht es durchweg den Anschein, als ob sie ihre Rollen wie einen Anzug aus dem Schrank genommen haben, der auch Jahre später noch perfekt passt.
Natürlich wird Ewan McGregor ein wenig das Zentrum überlassen. Als ein zu Beginn vernünftig erscheinender Mark, der bald wieder in alte Muster zu verfallen droht, ist er ganz klar die Identifikationsperson der Geschichte. Ein erneut erblondeter Jonny Lee Miller verbessert die Welt und den Film mit Verschwörungstheorien und immer neuen Maschen, mit denen man anderen Leuten das Geld aus der Tasche ziehen kann. Robert Carlyle darf sich als Vorzeige-Choleriker Franco Begbie voll austoben, bekommt aber dieses Mal mit einer familiären Hintergrundgeschichte etwas mehr Tiefgang spendiert. Der heimliche Star ist wieder Ewen Bremner, dessen tragikomische Figur Spud allein schon dank seiner einzigartigen Mimik zum „Scene Stealer“ wird. Eine Entdeckung des Films ist die junge Anjela Nedyalkova, die als Prostituierte Veronika, die mit Sick Boy Geschäfte macht, die männlichen Kollegen das ein oder andere Mal alt aussehen lässt. Dazu feiern noch Darsteller wie Shirley Henderson („Drecksau“), Kelly Macdonald, James Cosmo („Eliminators“) und Irvine Welsh selbst kleine Comebacks in ihren Rollen von damals.
Es ist immer ein großes Risiko, nach sehr langer Zeit eine Fortsetzung zu einem Film zu drehen – vor allem, wenn er wie hier ein klares Produkt seiner Epoche ist. Auch wenn „T2 – Trainspotting“ wohl eher kein Klassiker wird, macht er äußerst viel richtig. Der Film denkt ein wenig wehmütig an die gute alte Zeit zurück, schafft es aber dabei 118 Minuten kurzweilige, teilweise herrlich absurde Unterhaltung zu liefern, die trotz etwas gebremstem Schaumes feinster Fan-Service sind.
4 von 5 Punkten
Quelle: Sony Pictures Germany, Leinwandreporter TV, YouTube
Originaltitel: | T2 - Trainspotting |
Regie: | Danny Boyle |
Darsteller: | Ewan McGregor, Jonny Lee Miller, Robert Carlyle, Ewen Bremner |
Genre: | Drama |
Produktionsland/-jahr: | UK, 2016 |
Verleih: | Sony Pictures Germany |
Länge: 118 Minuten | FSK: ab 16 Jahren |
Kinostart: | 16.02.2017 |
Homepage: | T2 - Trainspotting |
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 14.02.2017
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