Inhalt: Emad (Shahab Hosseini) ist ein äußerst beliebter Lehrer, führt eine glückliche Ehe mit Rana (Taraneh Alidoosti) und ist daneben noch ein durchaus begabter Theaterschauspieler. Das Leben des Paares wird komplett aus der Bahn geworfen, als ihr Haus absackt und unbewohnbar wird. Übergangsweise ziehen sie in eine kleine Wohnung, die einem Bekannten gehört. Nach wenigen Tagen wird Rana in der Wohnung von einem Mann überfallen und verletzt zurückgelassen. Kurz darauf stellt sich heraus, dass die Vormieterin eine Prostituierte war, weswegen der Täter wahrscheinlich ein enttäuschter Freier ist. Während die traumatisierte Rana sich immer mehr zurückzieht, macht sich Emad voller Zorn auf die Suche nach dem Schuldigen. Die Ereignisse führen so weit, dass die Ehe der beiden bald zu zerbrechen droht.
Kritik: Im westlichen Kino sind iranische Filme allenfalls als eine Randnotiz zu bezeichnen. Dennoch ist ein Name, an dem man unweigerlich nicht vorbei kommt, Asghar Farhadi. Im Jahr 2012 gelang ihm das Husarenstück, für sein Beziehungsdrama „Nasgar und Simin – ein Trennung“ eine Oscar-Nominierung für das beste Original-Drehbuch und die Auszeichnung als bester fremdsprachiger Film einzustreichen. Sein Nachfolgefilm „Le passé – Das Vergangene“ wurde als bester fremdsprachiger Film für einen Golden Globe nominiert. Da ist es nur zu verständlich, dass Kinofans mit Spannung auf seine neue Arbeit gewartet haben, die direkt auch in Cannes mit dem Drehbuchpreis bedacht wurde. Farhadi entführt in eine fremde Welt, in der er beinahe schon zu realistisch und sachlich in das Beziehungsleben des zentralen Paares guckt. Beiläufig entwickelt er mit der Theateradaption seiner Protagonisten des Arthur Miller-Klassikers „Tod eines Handlungsreisenden“ eine Metaebene. Während sich Familie Loman auf der Bühne relativ offen zerfleischt, geht der Prozess bei Emad und Rana deutlich langsamer voran.
Die zunächst sympathischen, gut harmonierenden Eheleute verzweifeln langsam durch Wut und Traumatisierung durch die Tat. Während sich Rana abkapselt, lässt sich ihr Mann nur noch durch sein Verlangen nach Vergeltung für die Zerstörung seiner Welt leiten. Dabei führt der Film auch noch unaufdringlich in Alltag und Kultur im Iran ein, was mehr als ein netter Bonus zu der Geschichte ist. Sicherlich ist „The Salesman“ nicht immer leicht zugänglich und stellenweise auch nur begrenzt unterhaltsam. Die ausgesprochen intelligente, atmosphärische Moral-Geschichte leidet aber nur in Maßen darunter. Spätestens wenn Farhadi die Erwartungen des Zuschauers in der Schlussphase geschickt ins Leere laufen lässt, dürfte vielen auffallen, wie ungewöhnlich dieser Film ist. Während des kompletten Geschehens liefern Farhadis Dauerbesetzung Shahab Hosseini und Taraneh Alidoosti vielschichtige, gut durchdachte Darstellungen ihrer Charaktere.
„The Salesman“ als reinen Konsumfilm zu sehen, wäre sicherlich ein falscher Ansatz. Es gibt Phasen, wo die 125 Minuten Spielzeit deutlich spürbar werden. Dennoch gelingt dem Filmemacher hier eine faszinierend unkonventionelle Geschichte über Recht, Unrecht und die Dinge, die im Leben wirklich zählen. So entwickelt sich eine herausfordernde Kinoerfahrung, die sich tatsächlich erst mit einem gewissen Abstand wirklich einordnen lässt.
4 von 5 Punkten
Der Film ist aktuell im Programm von Arthaus+ und Joyn zu sehen.
Quelle: Prokino, Leinwandreporter TV, YouTube
The Salesman
Originaltitel: | Forushande |
Regie: | Asghar Farhadi |
Darsteller: | Taraneh Alidoosti, Shahab Hosseini, Mina Sadati |
Genre: | Drama |
Produktionsland/-jahr: | Iran, 2016 |
Verleih: | Prokino |
Länge: 125 Minuten | FSK: noch unbekannt |
Kinostart: | 02.02.2017 |