Inhalt: Der religiöse und etwas pedantische Polizei-Sergeant Howie (Edward Woodward) wird auf die kleine Insel Summersisle geschickt, um dort das Verschwinden eines jungen Mädchens zu untersuchen. Doch kaum ist er dort angekommen, behaupten die Inselbewohner, nie von dem Mädchen gehört zu haben. Auch May Morrison (Irene Sunters), die Mutter des angeblich vermissten Mädchens, verneint ihre reine Existenz. Sergeant Howie hat aber das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt. Deswegen bleibt er vor Ort und beginnt seine Ermittlung. Schnell wird ihm klar, dass die Inselbewohner eine sehr eigene Religion ausüben, die mit freier Sexualität, Aberglauben und heidnischen Göttern so gar nicht zu seinen Wertevorstellungen passt. Auch der Ortsvorsteher Lord Summersisle (Christopher Lee, „Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere“) hinterlässt bei Howie einen sehr merkwürdigen Eindruck. So dringt der Polizist immer tiefer in die Bräuche der Inselbewohner ein und befürchtet, dass das verschwundene Mädchen Opfer eines barbarischen Rituals wurde. Während er hartnäckig auf die Lösung des Falles drängt, muss auch er einsehen, dass manche Geheimnisse besser verborgen bleiben.
Kritik: Wer heutzutage den Namen „Wicker Man“ hört, wird wohl hauptsächlich an das von Bienen heimgesuchte, bizarr-absurde Nicolas Cage-Vehikel aus dem Jahr 2006 denken. Der große Hass, den das Remake über sich ergehen lassen musste, hat aber auch viel mit dem Qualitäten dieses britischen Klassikers aus dem Jahr 1973 zu tun. Der 2016 verstorbene Regisseur Robin Hardy inszenierte eine herrlich unkonventionelle Mischung aus Horrorfilm, Musical und Satire, der mit seiner zentralen Thematik, dem religiösen Fanatismus, brandaktuell erscheint und auch ansonsten absolut zeitlos wirkt. Zunächst einmal dürften wohl viele Zuschauer etwas Zeit benötigen, um sich in der eigenartigen Welt des Filmes, der noch dazu ein ungewöhnliches Pacing hat, wirklich zurecht zu finden. Doch schon bald kann man sich dem eigenartigen Sog von „The Wicker Man“ nicht mehr entziehen. Ein großer Grund ist der einzigartige Soundtrack von Paul Giovanni, der den Ton des Filmes perfekt filtert. Die Songs helfen ideal, die Geschichte des Filmes voranzubringen. Egal, ob die Lieder vordergründig eher ironisch („Landlords Daughter“) oder erotisch („Willow’s Song“) wirken, eint alle ein sonderbarer bis verstörender Subtext.
Der eher kritische Umgang mit den Hippie-Motiven ist wohl am ehesten ein deutliches Anzeichen dafür, von wann dieser Film ist. Ansonsten gelingt aber auch ein Coup, den Zuschauer die Welt durch die Augen einer Figur beobachten zu lassen, die wohl die wenigsten wirklich mögen werden. Im Gegenzug wirken die schrägen Inselbewohner zum großen Teil sympathisch. Schon auf diese Art verstärkt sich beim Zuschauer das Unwohlsein, das sich durch den ganzen Film zieht. Revolutionär war auch der Umgang mit der Sexualität in „The Wicker Man“. So gibt gerade die Nacktheit den weiblichen Charakteren eine Stärke, wie es wohl in kaum anderen Filmen möglich wäre. Dennoch hätte der Film wahrscheinlich niemals einen derartigen Ruf bekommen, wenn nicht der sensationelle Schlussakt gewesen wäre. Hier wird mit erschütternder Konsequenz die Geschichte zu einem Höhepunkt getrieben, den wohl kaum ein Zuschauer so bald wieder vergisst.
Die Besetzung ist ein weiterer Bestandteil des großen Erfolges dieses Films. Dem britischen Charaktermimen Edward Woodward gelingt das Kunststück, einen unsympathischen Charakter mit einer derartigen Präsenz zu füllen, dass der Zuschauer ihm gerne durch den Film folgen. Christopher Lee hatte zu der Zeit des Drehs gerade seine „Dracula“-Phase abgeschlossen und brauchte einen fordernden Part. Als extrem charismatischer und dabei unterschwellig beängstigender Lord Summersisle bietet er einen Auftritt, der für viele zu den besten seiner so langen Karriere gehört. Auch das schwedische Supermodel Britt Ekland liefert hier – zwischen ihren Auftritten in „Get Carter“ und „James Bond 007 – Der Mann mit dem goldenen Colt“ einen unvergesslichen Part.
In diesem Final Cut, der 2013 mit der technischen Restaurierung des Films zusammengefügt wurde, zeigt sich noch einmal eindrucksvoll, warum dieses Werk ein Klassiker geworden ist. Robin Hardy und sein Team haben eine schwer einzuordnende Geschichte über Fanatismus umgesetzt, die sich mit nichts vergleichen lässt. Rund um die großartigen Songs, die fiese Atmosphäre und das geniale Finale bleibt „The Wicker Man“ ein auf beste Art ungewöhnlicher Film, der durch die Überarbeitung noch eine verdiente Aufwertung erfahren hat.
Der Film ist ab dem 20.07.2017 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
4,5 von 5 Punkten
Bild: Wer das Ausgangsmaterial kennt (siehe Featurette „Die Restaurierung“) wird merken, was hier für eine exzellente Konvertierung gelungen ist. Auch wenn manchmal eine arg deutliche Körnung zu erkennen ist, sich stellenweise ein wenig Grün in das Schwarz mischt und die Farben manchmal milchig-weich werden, sieht „The Wicker Man“ wirklich gut aus, ohne dabei seinen kantigen Filmlook einzubüßen.
Es ist hier wirklich angenehm, dass auf deutliche digitale Säuberungsaktionen verzichtet wurde. Die Farbbearbeitung ist wirklich stark ausgefallen, auch wenn gelb-braune Töne etwas zu sehr vorherrschen. Auch hier zeigt erst das äußerst rötliche Original-Material, wie viel Arbeit in die Restaurierung gesteckt wurde. Schärfe und Detaildarstellung wurden – abgesehen von den sehr körnigen Sequenzen – auf ein wirklich ordentliches Level gebracht. So erreicht der Film ein nicht perfektes, aber gemessen am Ausgangsmaterial ausgesprochen beeindruckendes Gesamtergebnis.
4,5 von 5 Punkten
Ton: Da eine deutsche Synchronisation fehlt, dürfen die Fans mit einer verlustlosen DTS-HD MA 2.0-Abmischung der Originalversion (+ deutschen Untertiteln) vorlieb nehmen. Es gab nicht wenige, die sich einen Surround-Transfer gewünscht hätten, doch auch hier entschieden sich die Macher, den Kern der Ausgangsversion beizubehalten. Obwohl nicht sonderlich viel Dynamik zu bestaunen ist, hört sich die Abmischung wirklich gut an. Die Dialoge sind immer gut verständlich und der fantastische Soundtrack wird klar und sauber wiedergegeben. Selbst wenn hier natürlich Potenzial nach oben ungenutzt bleibt, ist die Präsentation vollkommen zufriedenstellend.
3,5 von 5 Punkten
Extras: Neben der Auswahl zwischen der Kino-, Director’s Cut- und Final Cut-Fassung sind auf der Blu-ray noch die Featurettes „Der Kult um Wicker Man“ (22 Minuten), Die Musik (16 Minuten), und „Die Restaurierung“ (2 Minuten), ein Interview mit Robin Hardy (17 Minuten) sowie ein paar Trailer zu finden.
4 von 5 Punkten
Gesamt: 4 von 5 Punkten
Der Film ist aktuell im Programm von Arthaus+ zu sehen.
Quelle: StudioCanalUK, Leinwandreporter TV, YouTube
Originaltitel: | The Wicker Man |
Regie: | Robin Hardy |
Darsteller: | Christopher Lee, Britt Ekland, Roy Boyd, Diane Cilento, Aubrey Morris |
Genre: | Horror |
Produktionsland/-jahr: | UK, 1973 |
Verleih: | StudioCanal |
Länge: | 88/93/100 Minuten |
FSK: | ab 16 Jahren |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von StudioCanal
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 18.07.2017
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