Inhalt: Im Frühjahr 1940 lebt Wladyslaw Szpilman (Adrien Brody, „Manhattan Nocturne – Tödliches Spiel“) als vielleicht bester Pianist der Stadt in Warschau. Da die Deutschen die Stadt inzwischen unter Kontrolle haben, macht er sich als Mitglied einer jüdischen Familie natürlich Sorgen. Der Schock folgt kurze Zeit später: Auf engstem Raum und von Mauern umgeben wird das Warschauer Ghetto errichtet. Zu den 360.000 Juden der Stadt werden immer mehr Menschen aus der Umgegend gepfercht, die dort unter unwürdigen Bedingungen und nahezu ohne Nahrung überleben müssen. Dann beginnen die deutschen Besatzer, die Bewohner des Ghettos in Vernichtungslager zu transportieren. Mit viel Glück gelingt Wladyslaw die Flucht. Durch die Hilfe von Freunden und Unterstützern beginnt ein jahrelanges Versteckspiel, in dem er auch von komplett unerwarteter Seite Gnade erfährt, als er den deutschen Offizier Wilm Hosenfeld (Thomas Kretschmann, „Jungle“) kennen lernt.
Kritik: Wenn jemand ein bewegtes Leben hatte, dann ist das sicherlich Roman Polanski. Während des zweiten Weltkriegs gelang es dem Sohn einer jüdischen Familie – im Gegensatz zu zahlreichen anderen Familienmitgliedern – gerade so, vor einer Deportation durch die Nationalsozialisten zu entfliehen. Im Jahr 1969 wurde seine schwangere Ehefrau Sharon Tate von Mitgliedern der Manson-Familie ermordet. 1977 wurde er wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen angeklagt, weswegen er bis heute nicht in die USA einreisen darf, um einer Verhaftung zu entgehen. Dazu hat er fast beiläufig Filmklassiker wie „Tanz der Vampire“, „Rosemary’s Baby“ und „Chinatown“ veröffentlicht. 2002 drehte er dann mit „Der Pianist“, der Verfilmung der gleichnamigen Autobiographie von Wladyslaw Szpilman, sein persönlichstes Werk.
Das Kriegsdrama wurde zu seiner Zeit unter anderem mit der Goldenen Palme in Cannes und mit Oscars für das Drehbuch, die Regie und Hauptdarsteller Adrien Brody bedacht. In den 149 Minuten der Nacherzählung von Szpilmans Leidensweg ist zu jeder Sekunde offensichtlich, wie eng die Verbindung des Regisseurs zum Material war. Mit einem verstörenden Blick für Details entwickelt sich eine extrem authentische Geschichte, die zwischen Brutalität, Einsamkeit und Tristesse keinen Zuschauer unberührt lassen kann. „Der Pianist“ ist einer dieser Filme, bei denen das Publikum zeitweise weggucken möchte, es aber nicht schafft – was im Zusammenhang mit den Inhalten um so wichtiger wird.
Darüber hinaus versucht der Film nie, den Oberlehrer zu spielen. Unerbittlich und semi-dokumentarisch lässt „Der Pianist“ den Zuschauer mit den erschütternden Bildern zurück. Erst gegen Ende dieses langen – erzählerisch erstaunlich flüssigen – Wegs darf das Publikum mit dem Protagonisten etwas Hoffnung schöpfen. Auch wenn Adrien Brody nach dem Film wohl nie wieder so gut war und mittlerweile fast ausschließlich in B-Produktionen mitwirkt, ist ihm hier ein Auftritt für die Ewigkeit gelungen. Seine sensationelle Leistung dient als emotionaler Anker, der das Publikum durch eine Welt voller Elend führt. Dabei erfüllt Brody jede Nuance in Perfektion und wurde mit einem hoch verdienten Oscar entlohnt.
Da halten sich die anderen Darsteller, die Szpilman größtenteils nur für einen kurzen Teil der Geschichte begleiten, eher zurück, passen aber in das durchweg hohe Niveau des Films. Ein besondere Erwähnung verdient sich Thomas Kretschmann, der dem überraschend gnädigen Feind in seinen wenigen Szenen das nötige Gewicht verleiht.
Auch nach 16 Jahren hat „Der Pianist“ nichts von seiner Wirkung verloren. Roman Polanski entwickelt einen sehr persönlichen, schmerzhaften und fesselnden Film, der sicherlich eines der eindrucksvollsten Werke über den Holocaust und jetzt schon ein Klassiker ist.
Der Film ist ab dem 20.09.2018 in überarbeiteter Fassung auf DVD und Blu-ray erhältlich.
5 von 5 Punkten
Bild: Dafür, dass der Film immerhin schon 16 Jahre auf dem Buckel hat, sieht die Blu-ray sehr ordentlich aus. Der bewusst trist gehaltene Look sorgt aber mit dafür, dass Schärfe und Detaildarstellung eher mittelmäßig sind. Dafür wirkt die Farbpalette immer natürlich. Kontraste und Schwarzwert können konstant überzeugen. Eine durchgängig vorhandene, leichte Körnung passt gut zum Erscheinungsbild.
4 von 5 Punkten
Ton: Der deutsche und der originale DTS-HD MA 5.1-Ton basieren natürlich hauptsächlich auf einer sauberen Dialogwiedergabe, die immer gewährleistet ist. Die Schießereien und Explosionen hätten noch etwas mehr Kraft vertragen – gerade weil das die Intensität der Szenen noch einmal unterstreichen würde. Dafür ist der (Piano-)Soundtrack schön dynamisch und räumlich abgemischt worden.
3,5 von 5 Punkten
Extras: Als (HD-)Bonusmaterial befinden sich Interviews mit Drehbuchautor Ronald Harwood (21 Minuten), Andrzej Szpilman (30 Minuten) und Daniel Szpilman (2 Minuten), der sehr persönliche Dokumentarfilm „A Film Memoir“ über das Leben und Arbeiten von Roman Polanski (94 Minuten) und ein paar Trailer auf der Blu-ray.
4 von 5 Punkten
Gesamt: 4,5 von 5 Punkten
Der Film ist aktuell im Programm von Arthaus+ zu sehen.
Quelle: kaptan02, YouTube
Originaltitel: | The Pianist |
Regie: | Roman Polanski |
Darsteller: | Adrien Brody, Thomas Kretschmann, Emilia Fox |
Genre: | Drama, Kriegsfilm |
Produktionsland/-jahr: | Frankreich/Deutschland/UK/Polen, 2002 |
Verleih: | StudioCanal |
Länge: | 149 Minuten |
FSK: | ab 12 Jahren |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von StudioCanal
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 23.09.2018
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