Inhalt: Mitten im Jahr 1992 lebt Millie (Halle Berry, „Kidnap“) mit ihren acht Pflegekindern rund um den vernünftigen Jesse (Lamar Johnson) in einem Viertel von Los Angeles. Der bemühte Versuch, alle Familienmitglieder mit kleinem Geld zu ernähren, gehört ebenso zum Alltag wie die Streitigkeiten mit Obie (Daniel Craig, „Logan Lucky“) – dem cholerischen Alkoholiker von nebenan. Allgemein greift in der Gegend der Frust um sich, da es in letzter Zeit immer mehr drastische Beispiele gibt, in denen Afro-Amerikaner von Polizei und Rechtsprechung benachteiligt werden. Als vier Polizisten, gegen die eindeutige Beweise für die unrechtmäßige Misshandlung des dunkelhäutigen Rodney King vorlagen, vor Gericht freigesprochen werden, eskaliert die Lage. Die Menschen gehen auf die Straßen, attackieren Polizisten, klauen und brandschatzen. Auch die Kinder von Millie wollen sich die Gelegenheit nicht nehmen lassen, ihrem Unmut Luft zu verschaffen. Damit ihr Nachwuchs nicht verhaftet wird, zieht Millie gemeinsam mit Obie los und macht sich auf die Suche nach den Kindern.
Kritik: Im Jahr 2015 überraschte die türkische Regie-Debütantin Deniz Gamze Ergüven die Filmwelt mit ihrem einfühlsamen Drama „Mustang“. Die intelligente Auseinandersetzung mit dem Thema Zwangsehe gewann eine Auszeichnung in Cannes und wurde unter anderem bei den Oscars, den Golden Globes und den BAFTAs als „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert. Für ihren zweiten Film wagte Ergüven den Sprung über den großen Teich und steuerte auch das Drehbuch bei. Leider kann sie bei ihrem englischsprachigen Erstling nicht an die Klasse von „Mustang“ anknüpfen. Der Fall Rodney King und die daraus folgenden Unruhen in Los Angeles waren in den vergangenen Jahren immer mal wieder ein Thema in den Kinos (beispielsweise „Straight Outta Compton“). Grundsätzlich funktioniert auch der Ansatz, dieses „Großereignis“ aus dem Mikrokosmos einer Familie zu beobachten.
Doch gerade die Geschmackssicherheit in der Tonwahl, die den Vorgänger ausgezeichnet hatte, lässt „Kings“ mehr als ein Mal vermissen. Sicherlich trägt der Film das Herz an der richtigen Stelle. Zwischen einem harten Familiendrama mit Thriller-Elementen sind aber immer wieder Szenen zu finden, die von süßlichem Kitsch, über Sitcom-Momente bis hin zu einem skurril deplatzierten Sex-Traum gehen. In seinen besten Sequenzen ist der Film so treffend und intensiv, wie es sich viele erhofft haben dürften. Doch dann wird der Zuschauer kurze Zeit später durch merkwürdige Entscheidungen, die auch auf die Regie zurückzuführen sind, wieder aus der Handlung gerissen. So wirkt eine überstylte Sequenz, die eigentlich ein emotionales Herzstück des Geschehens sein sollte, optisch wie ein 90er-Jahre-Musikvideo.
Die einzige Konstante sind (größtenteils) die Figuren und ihre Darsteller. Gerade die Jungdarsteller um den starken Lamar Johnson müssen hier hervorgehoben werden. Hier zeigt sich eine klare und sichere Hand bei Buch und Inszenierung, was in größtenteils authentischen Darbietungen gipfelt. Natürlich sind Halle Berry und Daniel Craig die eigentlichen Verkaufsargumente von „Kings“. In letzter Zeit hat Berry immer mal wieder rätselhafte Rollen an genommen, in denen sie mit Autopilot-Vorstellungen ihr zweifelsohne vorhandenes Talent versteckt hat. Als engagierte Pflegemutter, die sich schon fast zu sehr um das Elend um sie herum kümmert, zeigt sie sich mal wieder auf der Höhe ihres Könnens. Ein paar missglückte Drehbuchentscheidungen zu Lasten ihrer Figur können ihr natürlich nicht angelastet werden. Daniel Craig gefällt vor allem in der Phase, wo er als schlecht gelaunter Trinker nur gelegentlich eingesetzt wird. In der späteren Phase, wo seine Figur sich unglaubwürdig schnell entwickelt, macht er aber auch das Optimum aus den gegebenen Möglichkeiten.
Grundsätzlich hat „Kings“ das Potenzial gehabt, ein richtig guter Film zu werden. Es hat aber den Anschein, dass sich Deniz Gamze Ergüven bei ihrem US-Debüt etwas verhoben hat. Immer wieder untergraben arg missglückte stilistische und inhaltliche Entscheidungen die gerade so gut aufgebaute Atmosphäre, weswegen das Werk trotz guter Figuren, Darsteller und Einzelmomente einen allenfalls mittelmäßigen Gesamteindruck hinterlässt.
Der Film ist ab dem 30.08.2018 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
2,5 von 5 Punkten
Bild: Optisch werden bewusst selten wirklich knackige HD-Bilder geliefert. Die Stock-Footage-Aufnahmen von den Straßenunruhen sind ohnehin auf einem eigenen Blatt zu bewerten. Aber auch ansonsten sind Schärfe und Detaildarstellung eher mittelmäßig, da die Bilder recht weich gehalten werden. Es wird eine warme Farbpalette mit vielen Gelb- und Braun-Tönen verwendet, die aber immer realistisch aussieht. Kontraste und Schwarzwert wurden passabel eingestellt. Dazu ist das Bild ziemlich körnig, was aber zur Atmosphäre passt.
3,5 von 5 Punkten
Ton: Wie meistens, liefert Universal einen englischen DTS-HD MA 5.1-Ton und eine deutsche DTS 5.1-Fassung. Die akustischen Unterschiede sind allenfalls marginal. In der ersten Hälfte stehen eindeutig die Dialoge im Mittelpunkt, die klar priorisiert über den Center kommen. Mit Ausbruch der Straßenkämpfe werden auch immer mehr Effekte in die Spur eingebunden. Quietschende Reifen, abgefeuerte Schüsse und ein wütender Mob sorgen dafür, dass sich eine sehr ordentliche räumliche Kulisse entwickelt.
4 von 5 Punkten
Extras: Auf Bonusmaterial wurde komplett verzichtet.
1 von 5 Punkten
Gesamt: 2,5 von 5 Punkten
Quelle: Universal Pictures International Germany, Leinwandreporter TV, YouTube
Originaltitel: | Kings |
Regie: | Deniz Gamze Ergüven |
Darsteller: | Daniel Craig, Halle Berry, Lamar Johnson |
Genre: | Drama |
Produktionsland/-jahr: | USA/Belgien/Frankreich, 2017 |
Verleih: | Universal Pictures International Germany |
Länge: | 87 Minuten |
FSK: | ab 12 Jahren |
Mehr Informationen zum Film findet ihr auf der Seite von Universal Pictures International Germany
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 30.08.2018
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