Inhalt: Gerade ist Louise (Elina Löwensohn, „Schindlers Liste“) schwanger geworden, als ihr Freund, ein Zauberkünstler, spurlos verschwindet. Für sie bricht eine Welt zusammen, was mit der Einweisung in eine psychiatrische Anstalt endet. Einige Monate später wird sie dann Mutter. Doch ihr Sohn ist nicht wie andere Kinder: Er ist komplett unsichtbar. Sie entschließt sich dazu „Mein Engel“, wie sie ihren Nachwuchs tauft, vor der Umwelt zu verstecken. Erst nach vielen Jahren lernt er die gleichaltrige Madeleine (Fleur Geffrier, „Elle“) kennen. Sie ist blind und ahnt deswegen nicht, dass ihr Gefährte für die Umwelt nicht zu sehen ist. Die beiden werden die engsten Freunde.
Einige Zeit später bekommt Madeleine die Chance, sich einer Operation zu unterziehen, die ihre Sehkraft wieder herstellt. Sie verschwindet für viele Jahre aus dem Leben des unsichtbaren Jungen, der sich davor fürchtet, dass sein einziger Kontakt zur Außenwelt sein Geheimnis erfährt. Als die inzwischen erwachsene Madeleine (jetzt: Maya Dory) wieder nach Hause kommt, sucht „Mein Engel“ nach einer Möglichkeit, die alte Freundschaft aufleben zu lassen. Doch wie wird sie auf die ungewöhnliche Situation reagieren?
Kritik: Der belgische Regisseur Jaco Van Dormael ist ein Mann für exzentrische, aber durchaus faszinierende Stoffe. So schafften es Werke wie „Mr. Nobody“ und „Das brandneue Testament“ zu internationaler Bekanntheit. Bei dieser kleinen Fantasy-Romanze beteiligte er sich als Produzent und überließ seinem Kollegen Harry Cleven die Inszenierung. Herausgekommen ist ein Film, der die Zuschauer wohl spalten dürfte. „Mein Engel“ sieht großartig aus. Farbkompositionen, kleine Spielereien und schicke Einfälle sorgen dafür, dass dieses unkonventionelle Märchen toll anzusehen ist. Auch der Ansatz, die Geschichte philosophisch und getragen zu erzählen, kann aufgehen, wenn sie emotional zugänglich bleibt. Hier ist leider das große Problem des Films. Während die Charaktere im Wechsel aus dem Off monologisieren oder miteinander über hochtrabende Probleme sprechen, wird keinerlei Interesse für die Facetten der Figuren geweckt.
Die Dialoge wirken – gerade in der ersten Hälfte – oft schwülstig bis prätentiös und verpassen es, dem Geschehen wirkliches Gewicht zu geben. Erst in der späteren Phase, wenn der erwachsene Titelheld um seine Liebe kämpfen muss, entsteht ein wenig Bindung zum Zuschauer. Dennoch bleibt Cleven konstant dabei, die Szenen derart lange laufen zu lassen, dass einige wunderschöne Bilder ihre Wirkung verlieren. Darstellerisch ist der Film gut ausgestattet, wobei die Schauspieler gegen die oft bleierne Schwere ihrer Dialoge anspielen müssen. Dennoch sind Elina Löwensohn als verzweifelte Mutter und Fleur Geffrier sowie Mary Dory, die sich die Rolle der Madeleine teilen, erkennbar bemüht, der eigenwilligen Geschichte ein gewisses Maß an Erdung zu geben.
Wer sich darauf einlassen kann, den Film als Fingerübung des Regisseurs zu sehen, wird mit durchweg hochwertigen und stellenweise auch ziemlich originellen Aufnahmen belohnt. Leider wird es doch ziemlich offensichtlich, dass inhaltlich die Substanz gefehlt hat, um einen ganzen Spielfilm auszustatten. Auf diese Art wird das Geschehen – trotz nur 79 Minuten Laufzeit – ziemlich langweilig. Hier ist es sehr wahrscheinlich, dass das ambitionierte Material in einem Kurzfilm deutlich besser aufgehoben gewesen wäre. Am Ende ist „Mein Engel“ ein Film, der von handwerklichen Könnern gemacht wurde und als Kunstprojekt wirklich ansprechend ist. Dabei bleibt aber eine Geschichte mit Aussagekraft und der Unterhaltungswert auf der Strecke, weswegen das Gesamtprodukt für viele Zuschauer eher ernüchternd sein dürfte.
Der Film ist ab dem 26.01.2018 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
2,5 von 5 Punkten
Bild: Die stellenweise ziemlich verspielte Optik sieht ordentlich aus. Bei den „normalen“ Sequenzen sind Schärfe und Detaildarstellung wirklich gut. In ein paar bewusst milchigen Szenen werden aus verständlichen Gründen Abstriche gemacht. Die Farben sind die meiste Zeit schon etwas surreal kräftig, was zum Ton der Geschichte passt. Auch die Einstellung von Kontrasten und Schwarzwert ist immer so geregelt, wie es das Erscheinungsbild des Filmes benötigt. Stellenweise sind ein paar etwas verrauschte Momente zu erkennen. Ansonsten ist die Präsentation sauber und ruhig.
4 von 5 Punkten
Ton: Der deutsche und der französische DTS-HD MA 5.1-Ton liefern genau das, was zu erwarten ist. Die Dialoge – in ihren unterschiedlichen Ausführungen – sind immer gut verständlich. Nur beim sanften Score wird wirklich etwas Aktivität auf den äußeren Boxen spürbar. Ansonsten wird die komplette Tonspur konstant und sauber über den Center wiedergegeben.
3,5 von 5 Punkten
Extras: Mit der Ausnahme von ein paar Trailern gibt es keine Bonusmaterialien.
1 von 5 Punkten
Gesamt: 2,5 von 5 Punkten
Quelle: Capelight Pictures, Leinwandreporter TV, YouTube
Mein Engel
Originaltitel: | Mon Ange |
Regie: | Harry Cleven |
Darsteller: | Hannah Boudreau, Maya Dory, Fleur Geffrier |
Genre: | Fantasy, Drama, Liebesfilm |
Produktionsland/-jahr: | Belgien, 2016 |
Verleih: | Capelight Pictures |
Länge: | 79 Minuten |
FSK: | ab 12 Jahren |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von Capelight Pictures
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 26.01.2018
Review: Mein Engel (Blu-ray)