Inhalt: Der Gefängnis-Aufstand in Litchfield ist vorbei, doch die Auswirkungen sind allgegenwärtig. Gerade der brutale Tod des sadistischen Aufsehers Piscatella (Brad William Henke) setzt die Behörden unter Druck. Red (Kate Mulgrew), Taystee (Danielle Brooks) und weitere aktive Teilnehmer des Aufstands rücken schnell in den Mittelpunkt der Ermittlungen. Während einige Insassen in andere Gefängnisse verfrachtet werden, sind Piper (Taylor Schilling), Nicky (Natasha Lyonne, „Yoga Hosers“), Lorna (Yael Stone) und zahlreiche Weggefährtinnen neue Insassen des Hochsicherheitstrakts von Litchfield. Während Piper panisch versucht, das Schicksal ihrer Verlobten Alex (Laura Prepon, „Girl on the Train“) zu erfahren, muss sie sich mit neuen Häftlingen wie der psychotischen Badison (Amanda Fuller) auseinandersetzen. Auch die Wachen wie Luschek (Matt Peters) und McCullough (Emily Tarver, „Sisters“) suchen einen Weg zurück in den Alltag. Doch ein seit Jahren schwelender Konflikt zwischen den Schwestern Barb (Mackenzie Phillips) und Carol (Henny Russell), die für eine innige Feindschaft zwischen zwei ganzen Gefängnisblöcken gesorgt haben, könnte für eine erneute Eskalation sorgen.
Kritik: Ihre Hit-Comedy „Weeds – Kleine Deals unter Nachbarn“ war gerade beendet, als Jenji Kohan 2013 für Netflix die Produktion von „Orange Is The New Black“ übernahm. In der Serie sollten augenzwinkernd die Erfahrungen von Roman-Autorin Piper Kerman verarbeitet werden, die selbst ein Jahr in einem Gefängnis der untersten Sicherheitsstufe verbracht hat. Trotz einer gelungenen Mischung von Charme, Witz und ernstem Drama sowie einer erstklassigen Besetzung hätte wohl kaum jemand eine derart lange Lebensdauer für eine Geschichte mit dieser recht unspektakulären Prämisse vorausgesehen. Kohan gelang es aber immer wieder, der Serie neue Aspekte abzugewinnen und sehr reale Probleme wie die Privatisierung amerikanischer Gefängnisse zu einem gewichtigen Teil der Handlung zu machen.
So wurde die Serie mit der Zeit etwas ernsthafter, musste inhaltlich aber nie qualitativ zurückfahren. Für dieses inzwischen sechste Jahr wurde nun der Handlungsort geändert und die Besetzung ordentlich durchgemischt. Obwohl hier und da kleine Storylines vorkommen, die ein wenig repetitiv wirken, bleibt das Niveau auch in diesen 13 Episoden konstant hoch. Einzig ein eher hölzerner Roadtrip von Pensatucky (Taryn Manning, „The Safe – Niemand wird verschont“) wirkt in der Frühphase der Staffel etwas uninspiriert. Gerade die politischen Verwicklungen sind hochbrisant. Wie hier die Ermittlungsbehörden nach Schuldigen (bzw. Sündenböcken) suchen und dabei kompromisslos von der verbitterten Karrierefrau Linda Ferguson (Beth Dover, „Life Partners“) unterstützt werden, lässt einem teilweise einen Schauer über den Rücken laufen.
Auch im Inneren des Gefängnisses, wo die deutlich rabiateren Mithäftlinge die Einsätze erhöhen und die Wärter hauptsächlich mit blankem Zynismus glänzen, dürften die meisten Zuschauer das Geschehen eher angespannt beobachten. Doch trotz der teilweise bitteren Ereignisse bewahrt sich die Serie ihren charmanten, eher augenzwinkernden Grundton, der dringend benötigt ist. „Orange Is The New Black“ wurde immer von seinen Figuren getragen. Neben der von Taylor Schilling gewohnt überzeugend verkörperten Piper Chapman, die ihren Weg weiter konsequent geht, bekommen die anderen Charaktere unterschiedlich viel Raum zur Entfaltung.
Wie in der vergangenen Staffel ist Danielle Brooks als Tasha „Taystee“ Jefferson die vielleicht beste Schauspielerin im Feld. Mit wie viel Empathie und Intelligenz sie diese anspruchsvolle Figur verkörpert – ohne dabei Material wie Uzo Aduba als (weiterhin) Vorzeige-Wirrkopf Suzanne Warren zu bekommen – sollte endlich mit einer Emmy-Nominierung bedacht werden. Ein weiteres Sonderlob verdienen sich Selenis Leyva und insbesondere Jessica Pimentel, deren Figuren Gloria und Maria auf eigene Art mit den Ereignissen rund um den Aufstand umgehen müssen. Auch Dascha Polanco, deren Daya emotional am Abgrund steht, ist in dieser Staffel in Topform. Natasha Lyonne, Kate Mulgrew und der Rest der bekannten Besetzung liefern ihre gewohnt starken Auftritte.
Von den Cast-Neuzugängen bleibt Musikerin und Schauspiel-Neuling Vicci Martinez, die als Drogendealerin „Daddy“ eine Vorliebe für Daya entwickelt, am meisten im Gedächtnis. Mit Charisma, Coolness und extremer Präsenz dürfte sich Martinez den Weg für eine neue Karriere geebnet haben. Amanda Fuller überschreitet als Badison öfters bewusst die Grenze zur Nervensäge, trägt aber als stellenweise furchterregende Zellennachbarin von Piper ihren Teil zum Geschehen bei. Henny Russell als unterkühlte Carol und Mackenzie Phillips als mütterliche, aber unberechenbare Barb, die durch ihre (herrlich absurde) Feindschaft das ganze Gefängnis – und vor allem Überlebenskünstlerin Frieda (Dale Soules) – in Unruhe versetzen, sorgen für weitere Glanzpunkte .
Nach dem Aufstand geht „Orange Is The New Black Staffel 6“ zurück zu den Wurzeln der Serie, erhöht aber das Risiko und die Spannung. Mit intelligenten Neuerungen, bissigen Themen und guten bis großartigen Darstellern werden die kleinen, aber deutlich sichtbaren Wiederholungen in dieser Staffel mehr als ausgeglichen. Jenji Kohan gelingt es auch in diesem sechsten Jahr, erstaunlich beständige und clevere Unterhaltung zu liefern, die wohl kaum einen Fan enttäuschen dürfte.
4 von 5 Punkten
Die sechste Staffel der Serie ist ab dem 27.07.2018 im Programm von Netflix zu sehen.
Quelle: Netflix Deutschland, YouTube
Orange Is The New Black - Staffel 6
Originaltitel: | Orange Is The New Black - Season 6 |
Showrunner: | Jenji Kohan |
Darsteller: | Taylor Schilling, Danielle Brooks, Taryn Manning, Laura Prepon |
Genre: | Dramedy-Serie |
Produktionsland/-jahr: | USA, 2018 |
Verleih: | Netflix |
Länge: | 13 Episoden zu je 55 Minuten |
FSK: | ab 16 Jahren |
Facebook-Seite: | Orange Is The New Black |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von Netflix
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 20.07.2018
Review: Orange Is The New Black Staffel 6