Inhalt: Am 26.04.1986 geschah bei einem Belastungstest im Kernkraftwerk Tschernobyl die unvorstellbare Katastrophe: ein Reaktor explodierte. Erst nach fast einem Tag wird das Ausmaß des Desasters öffentlich. Die Regierung schickt eine Kommission um den stellvertretenden Premierminister Boris Shcherbina (Stellan Skarsgård, „Borg McEnroe“) und die Wissenschaftler Valery Legasov (Jared Harris, „The Quiet Ones“) und Ulana Khomyuk (Emily Watson, „Am Strand“), um die Schäden in den Griff zu bekommen. Für die Gruppe beginnt ein Kampf mit Windmühlen, da zu den sich auftürmenden Problemen vor Ort politische Vorgaben kommen, die eine ernsthafte Bearbeitung nahezu unmöglich machen. Währenddessen versuchen Anwohner wie die schwangere Lyudmilla Ignatenko (Jessie Buckley, „Taboo“), deren Mann als Feuerwehrmann an der Unglücksstelle war, die Scherben ihres Lebens aufzusammeln.
Kritik: Es dürfte wohl kaum jemanden geben, der noch nie vom Tschernobyl-Unglück gehört hat – die Reaktorexplosion im (heutzutage) ukrainischen Prypjat hinterlässt auch noch 33 Jahre später ihre Spuren. Nun haben sich die Pay-TV-Giganten HBO und Sky zusammengeschlossen, um den Hintergründen auf den Grund zu gehen. Unter der Leitung von Showrunner Craig Mazin – dessen Drehbücher zu dem dritten und vierten „Scary Movie“, dem zweiten und dritten „Hangover“ sowie „The Huntsman and the Ice Queen“ wohl nur bedingt als Qualifikation für den Job gedient haben dürften – entstand ein Fünfteiler, der dieses Desaster von mehreren Seiten beleuchtet. Für die Regie war der Schwede Johan Renck verantwortlich, der in seiner bisherigen Karriere mit Musikvideos und einzelnen Episoden von Hit-Serien wie „Breaking Bad“ und „The Walking Dead“ auf sich aufmerksam machte.
Die Art von Hype, die der Produktion nach Veröffentlichung entgegen gebracht wurde, ist schon ein wenig zu schön, um wahr zu sein. 19 Emmy-Nominierungen unterstrichen diese regelrechte Erfolgswelle zusätzlich. Tatsächlich verdient sich „Chernobyl“ jedes positive Wort, was bereits darüber gesagt wurde. In einer perfekten Mischung aus Dokumentation, Thriller und Charakterdrama schaffen es die Macher, schwere und komplexe Inhalte (mit den stets erbaulichen Themen Physik und Politik) verständlich aufzuarbeiten und sie als packende Unterhaltung zu präsentieren. Ob es jetzt um die verstörenden Momente im Kraftwerk, die Arbeit der Komitee-Mitglieder oder die undankbare Aufgabe von Soldaten (u.a. Barry Keoghan und Fares Fares), die verstrahlten Haustiere der Gegend von ihrem Leid zu erlösen, handelt – die Serie geht keinerlei Kompromisse ein und punktet damit auf ganzer Linie.
Inszenatorisch findet Regisseur Renck immer den richtigen Ton: Mal hart und sachlich, dann einfach nur spannend und stellenweise (angemessen) dramatisch, wird die Serie ihrer Thematik absolut gerecht. Allerdings ist zu erwähnen, dass die eindrucksvollen Bilder sehr schwer verdaulich werden, wenn „Chernobyl“ die Auswirkung von Strahlung auf den menschlichen Körper zeigt. Das erstklassige Drehbuchmaterial mitsamt toll durchkomponierter Dialoge bildet natürlich eine gute Grundlage für starke Darsteller-Leistungen. Im Zentrum steht der britische Charakterkopf Jared Harris, dessen Figur Valery Legasov in Realität einen wichtigen Platz bei der Bekämpfung und Aufarbeitung der Tragödie gespielt hat. Harris zeigt eine extrem nuancierte und intelligente Darbietung, durch die auch dröger anmutende Themen dramatisches Gewicht und Unterhaltungswert erhalten.
An seiner Seite liefern Emily Watson als idealistische Physikerin, die für eine gradlinige Aufklärung kämpft, und Stellan Skarsgård, der als staatstreuer Politiker immer einen realistischen Blick auf die Situation hat, ebenfalls glänzende Auftritte. Der heimliche Star der Serie ist Jessie Buckley, die als verzweifelte Ehefrau und werdende Mutter dem Geschehen eine noch menschlichere Ebene gibt.
„Chernobyl“ bietet Fernsehen, wie es kaum besser sein könnte. In den fünf Episoden gelingt den Machern ein umfassender und anspruchsvoller (aber nie verkopfter) Blick auf diese vielschichtige Thematik. Dabei zeigen sich alle Beteiligten in absoluter Höchstform, was diese eindringliche und intensive Mini-Serie zu einem unbedingt sehenswerten TV-Highlight macht.
Die Box ist ab dem 06.09.2019 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
5 von 5 Punkten
Bild: Auch wenn oft zu diesig-blassen Farben und sehr präsenten, kränklich anmutenden Grün-Gelb-Tönen gegriffen wird, sieht „Chernobyl“ (im Rahmen seines Stils) wirklich gut aus. Schärfe und Detaildarstellung sind konstant auf hohem Niveau. Die Farbdarstellung wurde sehr konsequent umgesetzt. Kontraste und Schwarzwert hinterlassen ebenfalls keine großen Gründe zur Kritik. Vorhandene Unsauberkeiten und Körnung passen zum Gesamtton der Serie.
4 von 5 Punkten
Ton: Der deutsche und der englische Dolby Digital 5.1-Ton bieten vielseitige Kost auf hohem Niveau. Nach der bis ins Mark gehenden Explosion zu Beginn punktet die Serie mit erstaunlich zahlreichen, satten Effekten. Als Beispiel wären hier die dröhnenden Helikopter zu nennen, die über Tschernobyl fliegen. Musik und Hintergrundgeräusche sorgen für eine sauber abgemischte, räumliche Atmosphäre. Dazu sind die Dialoge gut priorisiert und immer verständlich.
4,5 von 5 Punkten
Extras: Zusätzliches Bonusmaterial liegt nicht bei.
1 von 5 Punkten
Gesamt: 4 von 5 Punkten
Quelle: Polyband, LeinwandreporterTV, YouTube
Originaltitel: | Chernobyl |
Regie: | Johan Renck |
Darsteller: | Jared Harris, Stellan Skarsgård, Emily Watson, Paul Ritter, Jessie Buckley |
Genre: | Mini-Serie, Thriller, Drama |
Produktionsland/-jahr: | USA/UK, 2019 |
Verleih: | Polyband |
Länge: | 5 x 60 Minuten |
FSK: | ab 16 Jahren |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von Polyband
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 06.09.2019
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