Julie hat keinen Bock (© CALA Filmproduktion GmbH/Francesco di Giacomo)
Das Hauptplakat von “Stillstehen” (© Farbfilm Verleih)
Inhalt: Julie (Natalia Belitski, „Parfum“), runde 30 Jahre alt, kommt aus gutem Haus, ist klug, schlagfertig – und über alle Maßen exzentrisch. Sie propagiert den kompletten Stillstand. Ständig mit gelben Gummihandschuhen und einem Hang zur Pyromanie ausgestattet, lässt sie sich immer dann in die Psychiatrie einweisen, wenn ihr das Leben mal wieder zu anstrengend wird. Dieses Mal erwartet sie die frisch eingestellte Pflegerin Agnes (Luisa-Céline Gaffron). Die überforderte Ehefrau und Mutter möchte immer alle Erwartungen erfüllen, weshalb bei ihr und Julie Welten aufeinander prallen. Doch tatsächlich kommen sich die grundverschiedenen Frauen bald näher – das lässt sich aber nur mit Bewegung bewältigen.
Kritik: Mit der Tragikomödie „Stillstehen“ gab die Wahl-Berlinerin Elisa Mishto 2019 ihr Langfilm-Debüt als Regisseurin und Drehbuchautorin. Nach einem Monolog über die Sinnlosigkeit des Lebens eröffnet die Geschichte mit einem wortwörtlichen Knall. Der freiwillig folgende Ausflug in die Psychiatrie erinnert dann zum ersten, aber längst nicht einzigen Mal an den Forman-Klassiker „Einer flog über das Kuckucksnest“. Im etwas schrägen, skurril humorvollen, schwer zu packenden Eröffnungsdrittel findet Mishto einen eigenen Weg, mit den durchaus auch schwergewichtigen Motiven zu spielen. Diese Leichtigkeit geht „Stillstehen“ leider auf dem Weg verloren.
Julie hat keinen Bock (© CALA Filmproduktion GmbH/Francesco di Giacomo)
Man scheint so bemüht, den Film zu einem tiefsinnigen Psychogramm auszubauen, dass der Fluss in aller Ernsthaftigkeit verloren geht. Zwischen familiären Dramen und unmotivierten Romanzen vergisst die Geschichte das anfänglich so präsente Augenzwinkern, was dem Geschehen gerade in seinen düsteren Momenten mehr Balance gegeben hätte. In dem fast schon tristen Ambiente werden die Figuren bis zum abrupten Finale unnahbarer, um so länger der Zuschauer sie kennt – ob das so bezweckt war, darf bezweifelt werden.
Das ist schade, da „Stillstehen“ bis zu Ende gut aussieht und mit zwei starken Hauptdarstellerinnen punktet. Gerade Natalia Belitski, deren staubtrockene Julie gerne auch einmal mit dem Publikum in Kontakt tritt, zeigt einen wunderbar eigenartigen Auftritt. Auch Luisa-Céline Gaffron, die als junge Mutter und Krankenschwester Agnes an die Grenzen des Zumutbaren stößt, empfiehlt sich hier für höhere Ausgaben. Eine prominente Nebenbesetzung um Katharina Schüttler („Die Libelle“), Martin Wuttke („A Most Wanted Man“) und Jürgen Vogel hält sich größtenteils im Hintergrund.
Zu Beginn ist „Stillstehen“ ein verschrobenes Filmerlebnis rund um eine noch verschrobenere Protagonistin. Der erhofft tragikomische Trip in die Psyche von zwei ungleichen Frauen rutscht im Verlauf der Geschichte in eine dunkle, dabei aber nicht unbedingt treffende Richtung, was dem ambitionierten, gut gespielten und hübsch bebilderten Geschehen einen faden Beigeschmack verpasst.
3 von 5 Punkten
Der Film ist ab dem 17.06.2021 online unter www.alleskino.de sowie in bereits wieder geöffneten Kinos zu sehen.
Quelle: Farbfilm, YouTube
| Originaltitel: | Stillstehen |
| Regie: | Elisa Mishto |
| Darsteller: | Natalia Belitski, Luisa-Céline Gaffron, Martin Wuttke |
| Genre: | Drama |
| Produktionsland/-jahr: | Deutschland, 2019 |
| Verleih: | Farbfilm Verleih |
| Länge: | 91 Minuten |
| FSK: | ab 12 Jahren |
| Kinostart: | 17.06.2021 |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite des Films
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 16.06.2021
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