Inhalt: Seit ihrem sechsten Lebensjahr hat die Schottin Ada (Holly Hunter, „O Brother, Where Art Thou?“) kein Wort mehr gesprochen. Jetzt muss sie ihre Heimat verlassen und mit ihrer neunjährigen Tochter Flora (Anna Paquin) nach Neuseeland auswandern, da ihr Vater sie an den Farmer Alisdair Stewart (Sam Neill, „The Hunter“) verheiratet hat. Adas einziges Sprachrohr ist ihr Piano, das sie voller Emotionen und Hingabe spielt. Aus diesem Grund ist sie entsetzt, als sich ihr neuer Ehemann weigert, das Piano durch den unwirtlichen Dschungel transportieren zu lassen.
So äußert Stewarts Nachbar George Baines (Harvey Keitel, „Reservoir Dogs“), ein Engländer der die Lebensweise der Maoris angenommen hat, Interesse an Adas Piano. Ohne weitere Umschweife und ohne Rücksprache mit Ada tauscht Alidair das Instrument gegen ein Stück Land ein und stellt seine Frau als Lehrerin für Baines ab. Dieser interessiert sich aber viel mehr für Ada selbst als für das Piano und so macht er ihr das Angebot, ihr Instrument im Gegenzug für körperliche Zuneigung zurück zu verdienen. Der Beginn einer hochemotionalen und gefährlichen Dreiecksbeziehung.
Kritik: Die neuseeländische Regisseurin Jane Campion („In the Cut“) wagte sich 1993 mit dieser im 19. Jahrhundert angesiedelten, ungewöhnlichen Liebesgeschichte an ihre erste wirklich große Produktion. Herausgekommen ist ein Abräumer auf allen Preisverleihungen (u.a. gewann Campion selbst einen Oscar für das Drehbuch), der inzwischen als Klassiker zählt und der bis heute deutlich beste Film ihrer Karriere war. Sie vermittelt glaubwürdig die damalige Zeit und den zurückhaltenden Umgang mit Liebe, Romantik und Sexualität. Wenn die Damen in ihren viktorianischen Kleidern durch den Morast des neuseeländischen Dschungels steigen, wirkt das nahezu absurd, aber irgendwie beeindruckend. Auch ansonsten lebt der Film gleichermaßen von den tollen Dialogen, als auch vom Unausgesprochenen (nicht nur bei Ada). Die zwischenmenschlichen Beziehungen in „Das Piano“ sind so intensiv und mitreißend, das der Zuschauer auch über durchaus vorhandenen Längen hinwegsieht.
Jane Campion hat auch das Glück, für ihre toll ausgearbeiteten Charaktere Schauspieler zu haben, die mit ihrem Talent jede Facette auf der Leinwand verewigen konnten. Holly Hunter war aufgrund ihrer kleinen Körpergröße von 1,59 Meter nicht die Erstwahl für die Rolle gewesen. Zum Glück entschieden sich die Macher doch noch ihr die Rolle zu geben. Ohne ein einziges Wort zu sprechen gelingt es ihr, nur mit ihrer Ausstrahlung und Mimik eine fesselnde Hauptfigur zu verkörpern. Der Zuschauer fühlt jeden Moment mit Ada. Außerdem hat Holly Hunter die anspruchsvollen Piano-Sequenzen komplett selbst gespielt. Ihre Oscar-Auszeichnung als beste Hauptdarstellerin war nur logisch.
Genial ist auch ihr Zusammenspiel mit Filmtochter Anna Paquin, die im Alter von gerade einmal 11 Jahren hier ein unglaubliches Pensum abliefert und mit Hunter eine perfekte Symbiose eingeht. Ihr Verkörperung der impulsiven, manchmal etwas naiven Flora gehört zum besten, was jemals von einem Kinderdarsteller gezeigt wurde. So räumte sie 1994 als zweitjüngste Person überhaupt einen verdienten Nebendarsteller-Oscar ab. Auch Harvey Keitel als rauer, wilder und kantiger George Baines und Sam Neill als selbstgerechter, herrischer Alisdair Stewart liefern erinnerungswürdige Schauspielleistungen.
Auch wenn der Zuschauer ein gewisses Maß an Geduld für den gemächlich erzählten „Das Piano“ braucht, wird eines der vielschichtigsten und intensivsten Dramen der jüngeren Vergangenheit erzählt. In der Schlussphase überrascht der Film mit einigen Wendungen. Da die tollen Bilder fast so atemberaubend wie die Schauspieler sind, war diese HD-Auswertung längst fällig gewesen.
Der Film ist ab dem 15.06.2013 auch auf Blu-ray erhältlich.
4,5 von 5 Punkten
Bild: Das lange Warten auf die HD-Ausgabe hat sich durchaus gelohnt. In Angesicht dessen, dass der Film schon über 20 Jahre alt ist, wird ein wirklich gutes Bild geboten. Es wird durchgehend ein scharfes Bild gezeigt, das mit einer überzeugenden Darstellung von Details punkten kann. Das ist beachtlich da viele Szenen vor einem grauen oder düsteren Hintergrund stattfinden. Gerade die Close Up-Aufnahmen sind sehr stark ausgefallen. Störend fällt allenfalls das oft erkennbare Filmkorn auf.
4 von 5 Punkten
Ton: Der Film kann in einer deutschen und englischen DTS-HD MA 5.1-Fassung genossen werden. Trotz der stummen Protagonistin gibt es in dem Film zahlreiche Dialoge, die absolut fehlerlos wiedergegeben werden. Die Naturgeräusche wie der Regen, der pfeifende Wind und die peitschende See wurden ebenso räumlich abgemischt wie der fantastische Score von Michael Nyman. Große Bässe und Effekte sind natürlich nicht zu erwarten gewesen. Darüber hinaus liegt noch eine (von mir nicht angetestete) Dolby Digital 2.0 Hörfilmfassung vor.
4 von 5 Punkten
Extras: Ein Audiokommentar von Jane Campion und Jan Chapman, ein sehr ausführliches Interview mit Jane Campion und Jan Chapman (1:16 h), ein Making of in SD (15 Minuten) und der Trailer ergänzen den tollen Film mit einer ganzen Menge interessanter Informationen.
3,5 von 5 Punkten
Gesamt: 4 von 5 Punkten
Der Film kommt in neuer 4K-Restauration am 16.06.2022 zurück ins Kino und wird am 11.08.2022 in dieser überarbeiteten Version auf 4K-UHD, DVD, Blu-ray und digital veröffentlicht. Der Film ist aktuell im Programm von Arthaus+ zu sehen.
Quelle:StudioCanal,YouTube
Originaltitel: | The Piano |
Regie: | Jane Campion |
Darsteller: | Holly Hunter, Harvey Keitel, Sam Neill, Anna Paquin |
Genre: | Drama |
Produktionsland/-jahr: | Australien/Frankreich, 1993 |
Verleih: | StudioCanal |
Länge: | 121 Minuten |
FSK: | ab 12 Jahren |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von StudioCanal
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