Julia von Heinz stammt aus Berlin und sammelte während ihrer Ausbildung zur Mediengestalterin beim WDR in Köln erste Branchenerfahrung. Bei ihrem anschließenden Studium zur Diplom-Kamerafrau an der TFH Berlin konnte sie erste Kurzfilmprojekte wie “Dienstags”, “Doris” und “Lucie und Vera” realisieren. Für ihre Kurzfilme gewann sie bereits zahlreiche Festival-Preise, weswegen ihr packendes Langfilmdebüt “Was am Ende zählt” auf der Berlinale 2007 seine Premiere feiern konnte. Dieser Film wurde unter anderem mit dem deutschen Filmpreis ausgezeichnet.
Nach dem Dokumentarfilm “Standesgemäß” dauerte es bis ins Jahr 2012, ehe sie mit der Enid Blyton-Verfilmung erneut bei einem erfolgreichen Kinofilm Regie führte. Seit dem 23.01.2014 läuft ihre Tragikomödie “Hannas Reise” in den deutschen Kinos. In diesem Film muss die Hauptakteurin Hanna und mit ihr die Zuschauer auf spielerisch-charmante Art mit zahlreichen Vorurteilen aufräumen. Mit uns hat Julia von Heinz über den Werdegang des Filmes, einen Blick über den Tellerrand hinaus und ein kommendes Projekt gesprochen.
LWR: Wie bist du zum Projekt „Hannas Reise“ gekommen?
Julia von Heinz: Die Producerin Julia Röskau von der 2Pilots Filmproduktion hatte den Roman von Theresa Bäuerlein optioniert und ist auf mich zugekommen. Ich war sofort dabei. Einen Film in Israel zu drehen, der sich um ein wichtiges politisches Thema dreht, war mir ein großes Anliegen.
LWR: Der Film basiert auf einer Romanvorlage (Theresa Bäuerleins „Das war der gute Teil des Tages“). Was hat dich an dem Thema so angesprochen?
Julia von Heinz: Mir hat an Theresas Buch gefallen, dass er eine neue Tonart traf. Der Holocaust wird hier nicht im Betroffenheitston behandelt, sondern auf eine humorvolle Weise, die ich so bisher nur aus Israel kannte. Ich mochte die Herausforderung, ein ernstes und schweres Thema leicht und emotional zu erzählen.
LWR: Du bist hier Regisseurin, Co-Autorin und Co-Produzentin. Ist es einfacher, ein Projekt zu realisieren, wenn man so viele Aufgaben zur gleichen Zeit hat?
Julia von Heinz: Zum Glück finden diese Aufgaben eher hintereinander statt und nicht gleichzeitig! Für mich ist es wichtig, möglichst viele Entscheidungen selbst in der Hand zu halten, um meine Vision umzusetzen. Ich will in Zukunft noch mehr Projekte als Produzentin realisieren.
LWR: Wie waren für dich die Dreharbeiten im Allgemeinen?
Julia von Heinz: Israel hat eine hochprofessionelle Filmbranche und unterscheidet sich nicht von unserer. Mir kam es vor, als würden Dinge weniger durchgeplant, das hat es manchmal anstrengend gemacht, obwohl am Ende immer alles geklappt hat. Neu war es für mich anfangs, mich am Set nicht in meiner Muttersprache zu bewegen und die Hitze hat mir manchmal zu Schaffen gemacht. Aber es war insgesamt so positiv und ich habe so wundervolle Menschen getroffen, dass ich bald wieder dort drehen möchte.
LWR: „Hannas Reise“ ist auf der einen Seite Romantik- und Culture Clash-Komödie, spricht aber auch die Aufarbeitung der deutsch-jüdischen Vergangenheit an. Ich stelle es mir schwierig vor, der Thematik mit dem „passenden“ Humor zu begegnen, Hast du denn schon Rückmeldungen von Holocaust-Überlebenden, Historikern o.ä. zu dem Film bekommen?
Julia von Heinz: Ich habe sehr gute Rückmeldungen! Ein Kritiker sagte, mein Film sei eine „Zäsur in der Geschichte des deutschen Holocaustfilms“ ein wichtiges Kompliment für mich. Ich denke, jeder versteht, dass dieses Thema eine neue Erzählweise verträgt.
LWR: Wurden noch „fragwürdige“ Szenen im Nachhinein entfernt?
Julia von Heinz: Eine einzige! Die wird dann im DVD-Bonusmaterial zu sehen sein.
LWR: Die zunächst eher ignorante Hanna macht auf ihrer eher erzwungenen Reise eine Wandlung durch. Wird in Deutschland zu selten über den Tellerrand geblickt?
Julia von Heinz: Ich stelle fest, dass die jüngere Generation durch das verschulte Studium sehr früh einem vorgefassten Plan folgt. Zu meiner Zeit war es noch normal, mal ein paar Jahre zu vertrödeln, nicht zu wissen, was man werden soll. Auch ich habe erst mit Mitte 20 zur Regie gefunden und die Jahre davor waren enorm wichtig. Ich kann nur jeden ermutigen, sich solche Freiräume zu erkämpfen, nicht alles dem Effizienzdenken unterzuordnen.
LWR: Was erwartet den Zuschauer denn jetzt, wenn er den Film besuchen möchte?
Julia von Heinz: Eine Welt, die er noch nicht kennt, eine neue Sichtweise auf ein altbekanntes Thema, eine berührende Geschichte und sehr gute Unterhaltung.
LWR: Gibt es noch weitere neue Projekte über die du schon sprechen kannst/willst?
Julia von Heinz: Mein wichtigstes Projekt ist ein Film über die Lebensgeschichte des Dalli Dalli Moderators Hans Rosenthal. Seit vier Jahren versuche ich, diesen Stoff zu realisieren und nun haben wir endlich Partner dafür gefunden!
Quelle: Zorro Film, YouTube