Inhalt: Karo (Claudia Eisinger, „3 Stunden“) hat auf dem Papier eigentlich ziemlich viel zu bieten: Einen coolen Job in einer Event-Agentur, einen gutaussehenden DJ (Christoph Letkowski) als Freund, eine treusorgende Familie und eine ordentliche Wohnung im Herzen Berlins. Doch Karo ist anstrengend. Sie ist ausgesprochen emotional und im Gegenzug alles andere als empathisch. Aus diesem Grund ist sie auch bald ihren Job los und auch ihre Beziehung steht auf wackeligen Beinen. Selbst die beste Freundin Anna (Laura Tonke) hat eigentlich genug von ihr. Zeit für Karo, ihr Leben umzukrempeln. Sie startet eine Psychotherapie, nimmt dort aber nur die Ratschläge mit, die sie hören will. Immer im Vorwärtsgang räumt sie mit allem in ihrem Leben auf, woran sie sich stört. Das sorgt aber nur dafür, dass sie immer mehr Panik bekommt, irgendwann ganz allein zu sein. Es droht der komplette Zusammenbruch.
Kritik: Mit dem Roman „Mängelexemplar“ feierte die ehemalige VIVA-Moderatorin Sarah Kuttner im Jahr 2009 ihr Autoren-Debüt. Mit über 600.000 verkauften Büchern wurde ihr Erstling zu einem mehr als beachtlichen Erfolg, weswegen es schon fast erstaunt, wie lange die Verfilmung auf sich warten ließ. Passenderweise übernahm mit Laura Lackmann ein Langfilm-Neuling die Leinwand-Adaption des Romans. Herausgekommen ist ein Film, bei dem sich Licht und Schatten fast komplett die Wage halten. Der Einstieg lässt Schlimmes befürchten: Harmlos albern und mit einer Hauptfigur, die noch nicht mal auf schräge Weise sympathisch sein kann, droht der Film, eine ausgesprochen nervtötende Angelegenheit zu werden. Sobald die Geschichte ernstere Töne anschlägt, geht auch das Niveau des Films massiv nach oben. Es gelingt, die Krankheit Depression angemessen und ziemlich glaubwürdig zu behandeln, wodurch der Zuschauer auch bereit ist, die Verhaltensmuster der Hauptfigur zu verstehen und zu akzeptieren. Auch wenn dem Film eine klassische dramaturgische Kurve abgeht, zeigt er hier seine Qualitäten.
Dabei verabschiedet sich „Mängelexemplar“ fast komplett von den komödiantischen Aspekten, was in diesem Fall eine gute Entscheidung war. Als amüsante Abstecher genehmigt sich der Film einige originelle Parodien auf die Berliner Hipster-Szene, die restlos gut gelungen sind. Nach einer Silvester-Party scheint der Film zu seinem Ende zu kommen, schlägt dann aber noch eine merkwürdige Kurve, die dem Zuschauer 20 ziemlich verzichtbare Minuten beschert. Es ist klar ersichtlich, dass die Macher hier noch einmal tiefer auf einige Probleme von Caro eingehen wollen. Dennoch wirkt diese Schlussphase einigermaßen redundant und zieht den Film unnötig in die Länge.
Das schauspielerische Niveau ist durchgängig zufriedenstellend. Claudia Eisinger, die mit „13 Semester“ einem breiteren Publikum bekannt geworden war, ist in der Rolle der labilen Karo eine gute Wahl gewesen. Auch wenn wohl kaum ein Zuschauer nach dem Film eine engere Freundschaft mit der Protagonistin anstreben dürfte, gelingt es auch dank Eisingers guter Leistung, ihre Motive nachvollziehbar zu gestalten. Katja Riemann als Mutter, Laura Tonke als beste Freundin, Maximilian Meyer-Bretschneider als Helfer in der Not, Maren Kroymann als Therapeutin, Christoph Letkowski als oberflächlicher Freund und Barbara Schöne als etwas zu treusorgende Großmutter ergänzen Eisingers Auftritt wirklich gut.
So ist „Mängelexemplar“ ein Film, dessen Formkurve erstaunlich wellenförmig ist. In fast allen Belangen können Kritikpunkte und hervorstechende Merkmale gefunden werden. Wenn ein exzellenter Mittelteil von einem seichten Intro und einem viel zu langen Finale eingerahmt wird, ist das nur ein Beispiel. Obwohl der Film eigentlich nie mittelmäßig ist, kommt es auf diese Art zu eben einem solchen Gesamteindruck.
3 von 5 Punkten
Quelle: X-Verleih, Leinwandreporter TV, YouTube
Mängelexemplar
Originaltitel: | Mängelexemplar |
Regie: | Laura Lackmann |
Darsteller: | Claudia Eisinger, Katja Riemann, Barbara Schöne |
Genre: | Drama |
Produktionsland/-jahr: | Deutschland, 2015 |
Verleih: | X-Verleih |
Länge: 112 Minuten | FSK: ab 12 Jahren |
Kinostart: | 12.05.2016 |
Homepage: | Mängelexemplar |
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