Inhalt: Lars Koch (Florian David Fitz, „Gut zu Vögeln“) ist Kampfjet-Pilot bei der Bundeswehr und hat bislang eine Karriere nach Maß absolviert. Sein ganzes Leben ändert sich, als ein Terrorist eine Lufthansa-Maschine entführt und diese in ein vollbesetztes Fußballstadion stürzen lassen möchte. Koch soll mit seinem Team den Flug begleiten und den Terroristen zur Aufgabe bewegen. Als dies immer aussichtsloser wird und das Stadion immer noch nicht geräumt wurde, erkundigt er sich, ob er das Flugzeug abschießen darf, um die Menschen im Stadion zu sichern. Obwohl ihm der Feuerbefehl ganz klar verweigert wird, handelt er eigenmächtig. Beim Absturz der Maschine verlieren 164 Menschen ihr Leben. Direkt nach der Landung wird Koch verhaftet. Nun steht er wegen mehrfachen Mordes vor Gericht. Hat der Soldat richtig gehandelt, oder muss er gesetzlich für seine Tat belangt werden?
Kritik: Basierend auf einem Theaterstück des Juristen und Autors Ferdinand von Schirach entstand dieser experimentelle Fernsehfilm, der von Oliver Berben produziert und von Lars Kraume inszeniert wurde. Bis kurz nach Ende des Filmes durften die Zuschauer (bei der Ausstrahlung in der ARD am 17.10.16) als Schöffen agieren und über das Schicksal des Angeklagten entscheiden. Dabei entschieden sich erstaunlicherweise beinahe 87% (!) dafür, dass Koch trotz geltendem Recht dazu befugt war, 164 Menschen zum Schutz von 70.000 zu töten. In diesem Zusammenhang gibt es auch direkt den vielleicht größten Kritikpunkt am Film. „Terror“ nimmt ganz klar die Perspektive des Angeklagten ein und steuert mit der Besetzung eines (berechtigterweise) populären Schauspielers wie Florian David Fitz ganz klar die Sympathien der Zuschauer. Obwohl die Figur Lars Koch ausgesprochen arrogant ist und der gravierende Verstoß gegen das Grundgesetz eindeutig erscheint, lässt sich auf diese Art ein solches Ergebnis erklären. So ist es am Ende doch „nur“ ein Film, der nur in Maßen verwertbare Aussagen über einen Volksentscheid Unantastbarkeit der Menschenwürde gegen die von Lars Koch bemühte Kosten-Nutzen-Rechnung zulässt
Das soll aber in keinster Weise die Leistung von Florian David Fitz und den anderen Beteiligten schmälern. In dem konsequent als Kammerspiel umgesetzten Werk rufen alle Darsteller ihre sichtbaren Qualitäten ab und liefern einen ethischen und philosophischen Gedankenanstoß, der nicht ohne Grund von so vielen Menschen angenommen wurde. Es wird bunt in beide Richtungen argumentiert, große Denker der Vergangenheit wie Immanuel Kant werden bemüht und es gibt ein emotionales Auf und Ab für den Zuschauer. Neben dem starken Florian David Fitz verdienen sich auch die anderen Darsteller Bestnoten. Burghart Klaussner gefällt als stoischer Richter, der Zeitweise die vierte Wand durchbricht und mit dem Zuschauer interagiert. Die gewohnt hervorragende Martina Gedeck („Das Tagebuch der Anne Frank“) nimmt als Staatsanwältin natürlich die Seite des Grundgesetzes ein und liefert die vielleicht packendsten Monologe, die es dieses Jahr im deutschen Fernsehen zu sehen gab. Lars Eidinger (“Hell – Die Sonne wird euch verbrennen”), der als Kochs Anwalt den zugegebenen Gesetzesverstoß relativieren muss, steht ihr da in kaum etwas nach. Dazu kommt Jördis Triebel („Ein Atem“), deren Nebenklägerin beim Absturz ihren Mann verloren hat, die vielleicht die berührendsten Momente des Films liefert. Der Cast wird von dem guten Rainer Bock („Stereo“) komplettiert, der sich als Führungsoffizier in Widersprüche verstrickt und Schikanen der Staatsanwältin ertragen muss.
Egal, in welche Richtung man diese Herangehensweise bewertet: „Terror – Ihr Urteil“ hat als interaktiver Spielfilm für Diskussionsstoff gesorgt und den Blick des Publikums für diese existente Thematik geschärft. Natürlich sollte ein solches Experiment (mit oder ohne anschließender Episode von „Hart aber fair“) keinerlei Einfluss auf aktuelle und zukünftige Gesetzgebung haben. Als handwerklich sehr gut umgesetztes Gedankenspiel taugt es aber alle Male.
Der Film ist ab dem 20.10.2016 auf DVD erhältlich.
4 von 5 Punkten
Bild: Technisch ist dieses Kammerspiel naturgemäß kein Grund für Euphorie. Dennoch wird optisch alles geliefert, was erwartet werden kann. Die Aufnahmen sind immer recht scharf und detailreich. Die Hauttöne und Farben der Kleidung sehen natürlich aus und heben sich gut von sterilen Grau des Gerichtssaals ab. Kontraste und der Schwartwert sind ebenfalls ordentlich eingestellt worden. Zusätzlich gibt es keine erwähnenswerten Unsauberkeiten.
4 von 5 Punkten
Ton: Der deutsche Dolby Digital 5.1-Ton spielt sich zu großen Teilen im Frontbereich ab. Die Dialoge werden stets sauber und klar wiedergegeben. Ein wenig räumliche Aktivität gibt es höchstens, wenn im Saal ein Raunen ausbricht, oder jemand mit einem verbalen Einwurf unterbricht. Viel mehr war nicht zu erwarten gewesen.
3,5 von 5 Punkten
Extras: Ein kleines „Hinter den Kulissen“-Featurette (2 Minuten) und die zwei alternativen Urteilssprüche sind als Bonus auf der DVD zu finden.
1,5 von 5 Punkten
Gesamt: 3,5 von 5 Punkten
Quelle: Constantin Film, Leinwandreporter TV, YouTube
Terror - Ihr Urteil
Originaltitel: | Terror - Ihr Urteil |
Regie: | Lars Kraume |
Darsteller: | Florian David Fitz, Martina Gedeck, Burghart Klaussner, Lars Eidinger, Jördis Triebel, Rainer Bock |
Genre: | Drama |
Produktionsland/-jahr: | Deutschland, 2016 |
Verleih: | Constantin Film |
Länge: | 91 Minuten |
FSK: | ab 6 Jahren |