Inhalt: Seit inzwischen 20 Jahren ist Robert Taro (Gérard Depardieu) Bürgermeister der französischen Metropole Marseille. Er liebt seine Stadt, weswegen auch seine Frau Rachel (Géraldine Pailhas, „Jung und Schön“) und seine Tochter Julia (Stéphane Caillard, „Bastille Day“) öfter einmal hinten anstehen mussten. Nun sieht Robert die Zeit gekommen, sich voll auf die Familie zu konzentrieren, weswegen er den talentierten Lucas Barres (Benoît Magimel, „Fast Convoy – Tödlicher Transport“) nach Jahren als persönlicher Assistent dazu auserkoren hat, sein politisches Erbe fortzuführen. Doch kurz vor der Kommunalwahl muss Robert einen Tiefschlag hinnehmen: Ausgerechnet Lucas sorgt dafür, dass ein von langer Hand geplanter Casinobau nicht umgesetzt wird.
So entscheidet sich Taro, noch einmal zur Wahl anzutreten, um seinen abtrünnigen Ziehsohn nicht Bürgermeister werden zu lassen. Es beginnt eine skrupellose Schlammschlacht, die ihre Opfer fordert. Auch Julia, die ein ungesundes Dreiecksverhältnis mit ihrem Ex-Freund Eric (Guillaume Arnault) und dessen Kumpel Selim (Nassim Si Ahmed, „Made in France – Im Namen des Terrors“) unterhält, gerät zwischen die Fronten. Als dann auch noch die Vergangenheit Lucas und Robert einholt, scheint ein böses Ende vorprogrammiert.
Kritik: Wie sehr Politik und organisiertes Verbrechen zeitweise Hand in Hand gehen, ist ein aktuell verbreitetes Thema in der Serienwelt. Von „Gomorrha“ bis „House of Cards“ laufen seit Jahren Produktionen, die bei Kritikern und Zuschauern gleichermaßen hohes Ansehen genießen. Da war es schon ein wenig erstaunlich, dass diese Netflix-Serie von Dan Franck in ihrem Heimatland teils heftige Kritik einstecken musste. Es mag daran liegen, dass der deutsche Zuschauer weder mit Gepflogenheiten noch genauen Dialekten aus Süd-Frankreich sonderlich bewandert ist, dass nicht wirklich offensichtlich wird, warum „Marseille“ großen Anfeindungen ausgesetzt war. Das sich hochschaukelnde Duell der ehemaligen Weggefährten ist spannend erzählt und auch die Einflussnahme von Schlägertrupps in den sozial schwachen Vierteln der Stadt sind ein interessanter Handlungsbogen. Selbst die gefährliche Liebesgeschichte um Julia passt gut in das Gesamtkonstrukt. Gerade die bewusste Entscheidung, manche Wendungen schon Soap-artig zu überspitzen, funktioniert hier sehr gut.
Dennoch ist die Serie ein wenig überfrachtet. Nebenschauplätze wie eine schwere Krankheit von Rachel tragen ziemlich wenig zum Handlungsverlauf bei und sorgen schon eher dafür, dass die Geschichte an ein paar Punkten etwas unfokussiert wirkt. Es dürfte einige zwar verwundern, dass Gérard Depardieu hier nicht seine eigene Interpretation von Frank Underwood zeigt. Viel mehr ist Taro ein zu engagierter Typ, für den mehr das Wohl der Allgemeinheit im Vordergrund steht.
Der dunklere Part gehört hier eindeutig dem ehemaligen Kinderstar Benoît Magimel. Sein Lucas ist ein schmieriger Schwerenöter, der sich für seine Ziele mit gefährlichen Leuten einlässt, aber immer noch menschlich genug bleibt, um an ein paar Idealen festzuhalten. Géraldine Pailhas muss als jüngere Ehefrau des Bürgermeisters damit klar kommen, dass eine Krankheit ihr Leben zerstört und ihr Mann dabei nicht an ihrer Seite stehen wird. Dabei liefert sie eine überzeugende Leistung, ist aber aufgrund des Drehbuchs manchmal eher anstrengend. Die vielleicht interessanteste Figur in der Serie ist Stéphane Caillard, die als Journalistin und Tochter des Bürgermeisters das Bindeglied zwischen Politik, Ghetto und Mittelstand spielt. Mit einer intelligenten und durchaus anspruchsvollen Performance gelingt ihr diese wichtige Aufgabe.
Auch wenn bei dieser ersten Staffel von „Marseille“ wie so häufig gilt, dass weniger wohl etwas mehr gewesen wäre, sind diese acht Episoden ein recht beständiger Politthriller, der mit guten Einfällen und überzeugenden Hauptdarstellern sicherlich eine Fortsetzung verdient hätte.
Die Box ist ab dem 15.05.2017 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
3,5 von 5 Punkten
Bild: Wieder einmal zeigt Netflix in einer Serien-Eigenproduktion gehobenes TV-Niveau. Schärfe und Darstellung von Details sind bei den zumeist hellen Aufnahmen vom sonnigen Marseille sehr gut. Bei den nicht ganz so gut beleuchteten Szenen baut das Bild diesbezüglich natürlich ein wenig ab. Die Farben sind warm, klar und wirken natürlich. Die Einstellung von Kontrasten und Schwarzwert sind hier und da nicht ganz fehlerlos, gefallen aber im Gesamtpaket. Bis auf ein leichtes Rauschen in ein paar dunkleren Szenen ist die Präsentation sauber und ruhig.
4 von 5 Punkten
Ton: Der deutsche und der französische DTS-HD 5.1-Ton der dialogbasierten Serie spielen sich logischerweise zu guten Teilen im Zentrum ab. Wenn es dann aber Streitereien auf den Straßen gibt, oder erst Recht wenn die Protagonisten ein Spiel von Olympique Marseille besuchen, ist auch auf den äußeren Boxen einiges los. Da auch noch unauffälligere Hintergrundgeräusche und der Score gut abgemischt worden sind, ist der Ton insgesamt deutlich über dem Durchschnitt.
4 von 5 Punkten
Extras: Mit Ausnahme eines Mini-Featurettes (5 Minuten) sind nur Trailer als Bonus auf der Blu-ray zu finden.
1,5 von 5 Punkten
Gesamt: 3,5 von 5 Punkten
Quelle: Polyband, YouTube
Marseille - Staffel 1
Originaltitel: | Marseille - Season 1 |
Showrunner: | Dan Franck |
Darsteller: | Gérard Depardieu, Benoît Magimel, Géraldine Pailhas |
Genre: | Thriller-Serie |
Produktionsland/-jahr: | Frankreich, 2016 |
Verleih: | Polyband |
Länge: | 8 x 42 Minuten |
FSK: | ab 16 Jahren |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von Polyband
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 20.05.2017
Review: Marseille – Season 1 (Blu-ray)