Inhalt: In gar nicht so ferner Zukunft existiert ein perfides Gefängnis, in der die Zellen übereinander liegen. Neben Strafgefangenen wohnen auch Freiwillige wie Goreng (Ivan Massagué, „Pans Labyrinth“) in der tristen Behausung, die im Austausch eine lukrative Belohnung erwarten. Den Clou an dieser Unterkunft bekommt Goreng sehr bald von seinem „Mitbewohner“ Trimagasi (Zorion Eguileor) erläutert: Einmal täglich fährt ein Tisch voller kulinarischer Köstlichkeiten in die Zelle und verabschiedet sich wenige Momente danach in ein tieferes Stockwerk. Wer wirklich zuschlagen will, sollte dringend in einem oberen Zimmer hausen – wie Goreng schmerzhaft feststellen muss. Nachdem es ihn nach dem monatlichen Wechsel in eine weit schlechtere Immobilie verschlägt, muss der freiwillige Häftling lernen, dass er wohl besser eine andere Freizeitbeschäftigung gewählt hätte.
Kritik: Der Kampf der verschiedenen Klassen wurde in düster-originellen Machwerken von Regisseuren wie Bong Joon-ho („Parasite“, „Snowpiercer“) und Jordan Peele („WIR“) in den letzten Jahren immer wieder thematisiert. Kaum jemand dürfte aber bislang einen derart wörtlichen Ansatz wie Galder Gaztelu-Urrutia gewählt haben. In seiner ebenso minimalistischen wie radikalen Zukunftsvision „Der Schacht“ entscheiden die oberen Schichten, auf was sie verzichten wollen, um den tieferen Stockwerken die Nahrungsaufnahme zu ermöglichen. Die Aktualität der (Corona-)Ereignisse, die manche Vorratsschränke zeigen, die deutlich besser als die Regale der Supermärkte gefüllt sind, verleiht dieser Prämisse eine bittere Ironie. Aber auch für sich genommen ist der Film ein düsterer, zorniger und entlarvender Mix aus hartem Thriller sowie pointiertem Gesellschaftsdrama.
Gaztelu-Urrutia nutzt seine ausgesprochen beengtes Setting aus und entwickelt eine von smarten Dialogen, klug konstruierten Wendungen und dem ein oder anderen Exzess getragene Tour de Force, die spannende Kurzweil bietet – und eben über einen besonderen „Life imitating Art“-Aspekt verfügt. Aber auch abseits von jeglichem Realitätsbezug funktioniert „Der Schacht“ als klaustrophobisches Genrekino in der Tradition von „Saw“ und „The Cube“. Trotz eines arg kryptischen Finales gelingt es den Machern, einen in allen Belangen – auf morbide Weise – charmanten Film zu liefern, der weit mehr bietet, als es viele einfallslose Horrorbeiträge in letzter Zeit vermuten lassen.
Gerade die Schauspieler um Ivan Massagué, der ebenso schrullig wie nachvollziehbar agiert, geben der eigenartigen, ziemlich fiesen Welt von „Der Schacht“ wirklich Charakter. Auch seine Co-Stars um den stoisch-pragmatischen Zorion Eguileor machen aus dem Film die erschreckend nachvollziehbare Welt (mit der nötigen Portion Augenzwinkern), die am Ende des Tages geboten wird.
Ob man jetzt selbst in Quarantäne ist oder einfach nur Lust auf ein ungewöhnliches Filmerlebnis hat: „Der Schacht“ funktioniert als kompromissloser Horrorthriller und satirisches Sozialdrama, was ihn zu einem weiteren sehenswerten Beitrag aus der spanischen Genre-Schmiede macht.
4 von 5 Punkten
Der Film ist ab dem 20.03.2020 im Programm von Netflix zu sehen.
Quelle: Movieboy, Netflix, YouTube
Der Schacht
Originaltitel: | El Hoyo |
Regie: | Galder Gaztelu-Urrutia |
Darsteller: | Ivan Massagué, Zorion Eguileor, Antonia San Juan |
Genre: | Thriller, Science Fiction, Horror |
Produktionsland/-jahr: | Spanien, 2019 |
Verleih: | Netflix |
Länge: | 94 Minuten |
FSK: | ab 18 Jahren |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von Netflix
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 23.03.2020
Review: Der Schacht (Netflix)